Der Team Europameister der Jungen und der Sieger der German Boys 2015 kommt aus dem Golfclub München Eichenried: Thomas Rosenmüller
„Wie fühlt man sich so als German Boys Sieger und Europameister?“ Seine Golf-Kumpels sind ehrlich beeindruckt, wenn sie ihn schulterklopfend in seinem Heimatclub München Eichenried begrüßen. Thomas Rosenmüller, 18, Handicap + 3,9, ist innerhalb von fünf Wochen German Boys Sieger bis 18 Jahre geworden, und mit diesem Titel in der Tasche fuhr er mit dem DGV-Nationalteam nach Finnland, wo das Unglaubliche gelang: Die Jungenmannschaft des Junior Golf Team Germany (GTG) ist zum ersten Mal in der langjährigen Geschichte des Turniers Europameister geworden. Bei der Europäischen Mannschaftsmeisterschaft (EMM) der Altersklasse bis 18 Jahre im finnischen Pickala Golf besiegte das Team von Bundestrainer Ulli Eckhardt im Finale Schweden mit 4:3.
Erfolgreich und unangefochten die Nummer 1 im Golfclub München Eichenried ist „Rosie“ Thomas Rosenmüller schon seit er 16 Jahre alt ist. Aber nun, mit 18 Jahren, hat sich der DGV-Nationalkaderspieler endlich und sehr verdient auch die Krone in der europäischen Jugend-Elite aufgesetzt: Am Wochenende 5. bis 7. Juni 2015 legte er im Golfclub St. Leon Rot bei den 12. Allianz German Boys and Girls Open einen Start-Ziel-Sieg hin: Mit konstanten Runden von 68/68/70, insgesamt -10, gewann er mit zwei Schlägen Vorsprung die internationale deutsche Amateurmeisterschaft der Jungen bis 18 Jahre. Und nun, in der Woche vom 7. bis 11. Juli 2015, folgte der überwältigende Team-Triumph.
Im August geht`s in die USA
Ja, wie fühlt man sich, Thomas? „Auch nicht viel anders als vorher“, lacht der bescheidene „Rosie“ und ist doch vor allem glücklich über diese beiden Titel. Schließlich sind sie die perfekte Eintrittskarte für seinen neuen Lebensabschnitt, der Mitte August 2015 beginnt: Einen Tag nach dem renommierten Wettbewerb der British Boys fliegt er in die USA, nach Dallas, Texas, wo er im nahen Denton die University of North Texas besuchen wird. Klar, dass er diese Uni nicht nur gewählt hat, um vier Jahre lang Internationales Management zu studieren. Sie bietet ihm vor allem perfektes Ganzjahres-Golf im Mean Green Golf Team. College-Golf ist ein wichtiger Schritt in Richtung Tour-Profi.
Wie kam es zu dieser Entscheidung? „Ich wollte schon immer in die USA. Das war ein Traum von mir.“ Seine Mutter Claudia Rosenmüller, auch Golferin, wenn auch eher Freizeitgolferin, wie Thomas mit ihrem Einverständnis bemerkt, steuert dazu eine ganz besondere Erinnerung an den damaligen Grundschüler bei: „Schon in der vierten Klasse hat er zu seiner Englisch-Lehrerin gesagt: „Ich werde sowieso Golf-Profi.“ Und fortan war er auch in Englisch sehr gut. „Ich hatte immer Spaß an der Sprache und habe auch mit unserem Pro Ken Williams wenn möglich englisch gesprochen.“ Somit war es für ihn ein Leichtes, mit den in Frage kommenden US-Unis letztes Jahr, noch vor seinem Fachabitur-Schulabschluss in München, zu telefonieren. „Wir haben die ersten Schritte Richtung College über eine Agentur gemacht. Rund 10 Unis der Division 1, also die größten und sportlich aktivsten, kamen in meine engere Auswahl. Davon vor allem die im Süden. Denn wenn ich schon rüber gehe, dann möchte ich auch den Vorteil haben, das ganze Jahr über Golf spielen zu können.“
Brad und Ken können gut miteinander
Nach welchen Kriterien traf er unter denen, die ihn gern haben wollten, seine Wahl? „Ich habe mit mehreren Coaches telefoniert und es kristallisierte sich sehr schnell heraus, welche in Frage kommen. Bei Brad Stracke, Head-Coach des Men‘s Golfteams an der University of North Texas, stimmte dann alles. „Er legt den Focus bei seinen Spielern eher auf Platztaktik und mentale Weiterentwicklung“, erzählt Thomas. Auch mit dem Eichenrieder Coach Ken Williams, der ja letztes Jahr zu Deutschlands bestem Jugend-Trainer gekürt wurde, stimmt die Chemie: „Die beiden hatten mehrfach Kontakt. Und es zeigte sich, dass beide dieselbe Philosophie für die Weiterentwicklung meines Golfspiels haben“, freut sich Thomas. „Weitere Verbesserungen an meiner Golftechnik wird Ken dann aus der Ferne ausarbeiten.“
So macht Ken Williams das ja auch mit Stephan Jäger, Eichenrieds bisher einzigem Tour-Pro, der noch früher, mit 16, in eine Boarding School in Chattanooga gegangen ist. Wie schwer es ist, als Profi Fuß zu fassen, hat Thomas jüngst bei den BMW International Open erleben können, als Stephan, der immerhin schon bei den US-Open dabei war, auf seinem Heimatplatz Eichenried am Cut gescheitert ist. Aber erst einmal denkt er nicht an Schwierigkeiten, sondern freut sich sichtlich auf die Verwirklichung seines Kindheitstraums und schwärmt von den Trainingsbedingungen seiner neuen Wahlheimat: „Wir haben ein eigenes Trainingsgebäude mit allem technischen Equipment wie Video, Trackman etc.. Derzeit wird unser Trainings-Golfplatz, ein Privatclub, komplett umgebaut. Es gibt eine 210-yards-Pitching Area mit verschiedensten Gras- und Sandsorten sowie verschiedene Puttinggreens.“ Das „Wir“ kommt Thomas dabei wie selbstverständlich über die Lippen. Dabei war er erst einmal im Februar zum Kennenlernen „drüben“, nachdem er sich bereits im September für die University of North Texas entschieden hatte.
„Mir gefällt die Sportmentalität in den USA. Da hat Sport einfach einen sehr hohen Stellenwert“, schwärmt Thomas, der nach seinem 8-Semester-Studium auch in den Sportmanagement-Bereich gehen könnte. An seiner Uni mit knapp 40.000 Studenten gibt es rund 300 Athleten in 10 Sportarten. Neben dem Studium sind noch mindestens 20 Wochenstunden für das Golftraining zu absolvieren. Zusätzlich werden 13 bis 14 Turniere im Jahr gespielt. „Unser Team ist ungefähr auf dem 100. Platz in den USA und hat knapp den Einzug in die Nationals verpasst.“ Aber das macht Thomas nichts, schließlich hat er gerade erlebt, wozu ein Team fähig ist, wenn es hochmotiviert ist.
Hochemotionale Team-Leistung mit Feuer in den Augen
Was war aus seiner Sicht der Schlüssel zu dem unglaublichen EM-Sieg in Finnland? „Wir sind ja eigentlich alles Einzelkämpfer. Aber wie wir sechs Jungen zusammengewachsen sind, das war einfach unglaublich.“ So waren die Jungs zwei Tage auf einem Vorbereitungslehrgang in Lich und haben da schon viel gemeinsam gemacht: „Wir sind alle gemeinsam ins Freibad gegangen, haben in einem Haus zusammen gewohnt und dort am Abend selber gekocht. Auch in Finnland haben wir dann viel zusammen gemacht und gelacht. Wir standen ja immer wieder über das gesamte Turnier hinweg mit dem Rücken zur Wand und haben uns alle gegenseitig derart gepusht und aufgebaut, so dass wir als wirkliches Team diesen Erfolg feiern durften“, erinnert sich Thomas. An dieser Stelle seien die anderen Spieler genannt: Michael Hirmer (GC am Reichswald), Max Schmitt (GC Rheinhessen Wißberg), Yannick Schütz (Stuttgarter GC Solitude), Marc Hammer (GC Mannheim-Viernheim) und Raphael Geißler (GC St. Leon-Rot). Sie zeigten gerade im Duell Mann gegen Mann ihre stärksten Qualitäten. Unterstützt wurden sie dabei vom Betreuerteam rund um Bundestrainer Eckhardt: Co-Trainer Thomas Gögele, Physiotherapeut und Captain Stefan Kirschstein und Mentaltrainerin Silke Lüdike.
„Als wir nach den Vierern hinten lagen, hatte jeder Spieler nochmals eine Stunde Regenerationspause, kurze Einzelgespräche mit dem Trainer und nochmal ein Team-Motivationsgespräch. Danach war klar: Egal, wer da kommt, den machen wir fertig.“ Was so martialisch klingt, zeigte Wirkung: „Wir hatten die absolut positive Einstellung mit einem Tick Aggressivität und Feuer in den Augen. Das hat sich auch in unserer Körpersprache gezeigt. Als ich einen langen Putt zum Lochgewinn gelocht habe, habe ich mich selbst noch einmal aufs Ganze gepusht und motiviert, danach hörte man auch entlang der Fairways die `Team Germany`-Rufe.“ Tatsächlich hatten die Deutschen im Gegensatz zu den Schweden, die ja auch geographisch näher an Finnland sind, keinen Fanclub dabei. Nicht einmal die Eltern, Claudia und Helmut Rosenmüller, die oft Caddy sind, wenn es erlaubt ist, waren dabei, auch Bruder Christian, der, wenn es sein Studium zulässt, Caddy macht, konnte nicht vor Ort den Erfolg miterleben.
Wichtige Unterstützung durch Eltern, Golfclub und Schule
Natürlich hat die Familie aus der Ferne mitgefiebert und ist mächtig stolz auf den jüngsten Sohn: „Das ist schon oft ganz schön nervenaufreibend. Nicht nur die vielen Reisen zu den immer entfernteren Turnieren“, berichtet Claudia Rosenmüller. „Um seine persönliche und sportliche Entwicklung zu fördern, versuchen wir als Eltern ihm abseits des Platzes den Rücken bestmöglich freizuhalten. Gleichzeitig soll er selbstständig Entscheidungen für seine Zukunft treffen“ beschreibt Helmut den Spagat zwischen Elternliebe und Loslassen können.
Ohne die Unterstützung seiner Eltern, des Golfclubs München Eichenried und der Schule wäre Thomas nicht so weit gekommen. Dafür ist er ehrlich dankbar: „Herzlichen Dank an Eichenrieds Geschäftsführer Korbinian Kofler und die Golfakademie, die mich immer unterstützt haben. Und an Anton Furtmayr, den Schuldirektor der Therese-von-Bayern-Schule, der mir in meinem Abi-Jahr immer volle Rückendeckung gegeben hat, auch wenn ich wieder einmal im Unterricht fehlen musste.“ Wie schön, dass sein Verständnis und Vertrauen gleich zu diesen Erfolgen von Thomas Rosenmüller geführt haben. Wer kann schon sagen, dass er einen Europameister in seiner Schule hatte?