Vermessen wir eigentlich alles? Woher kommt der ständige Drang der Messbarkeit?
Naturphilosophen den Kosmos zu rationalisieren. Man begann mit empirischen Studien und konnte Spekulationen beweisen oder widerlegen. Zur gleichen Zeit hat man versucht mit der Entstehung der Geldwirtschaft diese Rationalität auf die Erde zu übertragen. Durch den großen Erfolg der Mathematik und der Messbarkeit im Kosmos, wollte man also das gleiche Prinzip auch auf der Erde schaffen, indem man anfing Handel zu betreiben und somit die Natur in Werten zu messen. Es begann somit die Beherrschung und Ausbeutung der Natur. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich dieses Phänomen immer weiter. In der Zeit der Entstehung der physikalischen Gesetze durch Kopernikus, Galileo Galilei, Newton usw. entsteht gleichzeitig der Kapitalismus. Also wollte man auch hier den enormen Erfolg der Rationalität im Kosmos auf die Erde bringen, indem man mit Geld auf dieser alles messbar machte. Man hat also erkannt, dass das Messen von Dingen rational und somit unglaublich erfolgreich ist. Jede Handlung war durch diese Rationalität sinngemäß erklärbar. Die Technologie ist womöglich die Wirkung dieses Erfolges. Man überträgt die immer größere Rationalität des Himmels mit der Digitalisierung auf die Erde und schafft mit der Geldwirtschaft ein unendliches Zählen und Messen, denn Geld ist das einzige auf der Welt dessen einzige Qualität, die Quantität ist.
Wie färbt sich eigentlich die Digitalisierung auf den Menschen ab? Werden wir selber digital? Eine der Ideen einer Digitalisierung innerhalb eines kapitalistischen Systems ist es, situativ durch permanentes messen zu erkennen, was in dem Moment am produktivsten sein kann. Das führt dazu, dass immer weniger zukunftsorientierte Ideen auftauchen und immer weniger darauf geachtet wird, welche Konsequenzen eine Entscheidung haben kann.
Maschinen und Roboter sind nicht in der Lage, vorausschauend zu entscheiden, sondern lösen ein Problem in dem Moment, in dem man sich gerade befindet.
Eine spannende Folge dadurch ist, das wir Menschen immer mehr erwarten, dass wir genauso funktionieren. Wir versuchen immer mehr den Perfektionismus der Technologie auf den Menschen zu übertragen ohne uns im Klaren zu sein, dass es Perfektion in der Natur nicht gibt.
Zu beobachten ist diese These in vielen Bereichen. Auch im Golf. Der digitale Golfunterricht besteht immer mehr darin eine ganz bestimmte Bewegung, welche der Computer einem vorgibt, zu kopieren und diesem perfektionistisch digitalen „Ideal“ zu folgen. Wir versuchen also immer mehr eine technologisch entwickelte Form in die Natur des Menschen zu übertragen und erwarten aufgrund des großen digitalen Erfolgs, dass es in der Natur genauso funktioniert. Die Folge ist ein Missachten jeglicher Individualität. Wir versuchen aus jedem Menschen bzw. jedem Golfer den gleichen digitalen Typus zu formen.
Wenn sich der „vis à vis“- Golfunterricht in Zukunft stark auf Anfänger beschränken wird, gibt es in Folge dessen zeitgleich Möglichkeiten, mehr Menschen für Golf zu begeistern?
Wir leben in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Das gilt womöglich für jede Branche bzw. jedes Thema. Veraltete Gesellschaften sind in ihrer Mentalität eher konservativ, gepaart mit großer Angst vor Veränderungen. Wenn Menschen in so einer Gesellschaftsform Angst bekommen, dann wollen sie zurück. Zurück in eine Wohlfühloase in der man sich sicher und geborgen fühlte.
Das schränkt stark zukunftsorientierte Utopien und Ideen ein. Somit verharren wir in unserer gegenwärtigen Zeit vor dem Problem Menschen für Golf zu faszinieren. Jeder Golfclub beschwert sich über rücklaufende Mitgliederzahlen, jedoch bieten kaum Menschen in Golfclubs oder Golfverbänden tatsächliche revolutionierende Ideen an, um starke Veränderungen zu erwarten.
Es werden also Vorschläge gebraucht, wie man den Einstieg in das Spiel so einfach und problemlos wie möglich gestalten kann.
Eines der Konzepte, das genau das verhindert, ist die sogenannte Platzreife. In welcher anderen Ballsportart ist es notwendig, eine praktische und theoretische Prüfung zu absolvieren um das Spielfeld um den es geht betreten zu dürfen? Das Prinzip der Platzreife schränkt also den Menschen ein, Golf problemlos auszuprobieren. Man muss sich um zu beginnen eines großen organisatorischen Ablaufes unterziehen. Viele Menschen haben konsequenterweise wenig Lust ihre Freizeit mit Prüfungen zu verbringen und verspüren somit ein Gefühl der Hemmung, obwohl bei vielen das prinzipielle Interesse da wäre.
Durch die Auflösung der Leistungsgesellschaft und im Zuge der Digitalisierung sich auflösenden Berufe, werden sehr viele Menschen nicht mehr genug Geld in der Tasche haben um sich ein generelles Hobby leisten zu können. Um dennoch genug Pläne für den Tag zu haben orientiert man sich an Tätigkeiten, die kaum Geld kosten. Ein gutes Beispiel hierfür ist Fußball, wofür man lediglich einen öffentlichen Platz oder ähnliches und ein Ball benötigt. In Folge dessen muss sich Golf an dem orientieren, was einfach, kostengünstig und hemmungslos zu organisieren ist.
Der Einstieg in das Spiel sollte demnach keine Hürden im Weg stehen haben. Es muss die Möglichkeit geben, jederzeit problemlos und eigenständig seine ersten Erfahrungen zu machen. Eine Tätigkeit ist für den Menschen dann interessant, wenn er das Gefühl bekommt, leicht und einfach zu einem schnellen ganz persönlichen Erfolg zu kommen. Ein positiver Zustand hierbei ist, dass gerade diese erste Begeisterung für etwas, weiterhin der Mensch vermitteln wird und keine Maschine die Leidenschaft und die Emotionen, die hinter einem Spiel stecken können weitergeben kann. Kreative Trainingsangebote ohne Einschränkung für Einsteiger anstelle eines Prüfungsystems könnten den Golflehrern, die im klassischen Sinne das Spiel leidenschaftlich gerne weiter vermitteln, eine Chance bieten weiterhin parallel zum digitalen Golf Fuß zu fassen.
Der sich langsam auflösende Typus des klassischen Golflehrers, sollte demnach zeitgleich ein sich auflösendes System zur Folge haben. Wir sollten deutlich mehr Mut zur veränderten Lage aufweisen und uns trauen, wirkliche Reformen für den Golfsport zu gestalten. Die Abschaffung der Platzreife und die parallel dazu erweiterten Spiel- und Trainingsmöglichkeiten gepaart mit kleinen bodenständigen Veranstaltungen, wäre eine der zahlreichen Ideen um das Spiel in einer veränderten Gesellschaft zu revolutionieren.
1 Kommentar
An sich finde ich das Prinzip der Platzreife gar nicht so schlecht. Denn ich möchte ungern bei einer Runde Golf erleben müssen wie Anfänger durch unreifes Verhalten oder chaotische Schläge mein Spiel stören. Andererseits gebe ich Ihnen Recht, dass jeder Spieler auch seinen individuellen Stil einbringen dürfen sollte.