Mit 14 stand Leo Bally zum ersten Mal auf dem Golfplatz und konnte dem Spiel nicht wirklich etwas abgewinnen. Ein Jahr später fing er dann richtig Feuer. „Mein Stiefvater hatte gemeint, ich sollte es doch noch einmal versuchen und schlug mir ein dreitägiges Golf-Camp vor. Es waren gerade Ferien, ich hatte nichts Besseres zu tun und meldete mich ohne große Erwartungen an. Heute bin ich ihm unendlich dankbar dafür.“
Drei Jahre ist es her, dass er das Camp im elsässischen Club Golf de LaLargue besuchte. „Die haben eine tolle Jugendabteilung und ich hatte sehr viel Spaß.“ In der Gruppe waren sowohl Anfänger als auch gute Spieler und das ist es, was ihn noch immer am Golf fasziniert: „Durch das Handicapsystem ist es ein Sport, den Spieler aller Leistungsklassen gemeinsam ausüben können.“
Doch es kam noch mehr dazu. „Ein guter Schlag, eine gute Runde, ein gutes Turnier – das alles macht mich einfach glücklich“, stellte Leo fest und ergänzt: „Wenn man mit dem Golf anfängt, dann packt es einen oder man lässt es bleiben.“
Ihn packte es, und zwar so sehr, dass er sich schon bald dazu entschied, das Tennisspielen aufzugeben. Immerhin hatte er als Fünfjähriger begonnen und innerhalb von zehn Jahren auch schon einige Erfolge erzielt.
Leo wohnt in der Nähe von Basel und sein Stiefvater fuhr ihn mindestens zweimal die Woche zum Golfen nach Frankreich, aber das genügte dem ehrgeizigen Sportler nicht.
Die Lösung fand er im Schwarzwald. Das Internat der Zinzendorfschulen in Königsfeld kooperiert mit der Huki-Golfschule von Helga Huber und Walter Kirchmaier und nutzt die 18-Loch-Anlage des Golfclubs Königsfeld, die offizieller Trainingsort im Olympia-Stützpunkt Stuttgart ist. Seit einem Jahr lebt Leo Bally dort im Internat und hat in der Zeit sein Handicap von 12 auf 4 verbessert.
Dahinter steckt viel Disziplin und hartes Training. Nach dem Unterricht steht er stundenlang an der Übungsanlage und verbessert seinen Abschlag, übt das Putten und manchmal spielt er auch eine Runde über 9 oder 18 Loch – alleine oder mit anderen Spielern. „Ich trainiere jeden Tag drei Stunden Golf, wovon ich zweimal die Woche eine Trainerstunde habe. Dazu kommen noch eine bis eineinhalb Stunden im Kraftraum des Internats oder ich laufe eine halbe Stunde durch den Wald. Insgesamt komme ich auf 20 Trainingsstunden pro Woche.“ Und an den Wochenenden kommen häufig noch Turniere dazu.
Durch den vollen Zeitplan bleibt dem Gymnasiasten natürlich weniger Zeit, mit seinen Mitschülern abends etwas zu unternehmen. „Wenn es etwas zu feiern gibt, kann ich mir das schon einrichten, aber ich muss es eine Woche vorher wissen. Ich achte schon darauf, meine sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten, aber spontane Unternehmungen sind leider nicht möglich.“
An den Heimreisewochenenden und auch in den Ferien spielt Leo auf dem französischen Golfplatz, manchmal bleibt er aber auch im Internat, wenn er in Königsfeld bei einem Turnier startet, etwa für die Jugendmannschaft. Auch während der Woche kann er sich von der Schule abmelden. „Das ist toll, wie gut das klappt“, freut er sich. Das liegt aber sicher auch daran, dass er in der Schule immer „ganz gut durchgekommen“ ist.
An 30 Turnieren hat er im vergangenen Jahr teilgenommen, darunter auch an vielen internationalen. Sein erstes internationales Turnier spielte er im September vergangenen Jahres in Österreich, auch an den Schweizer Meisterschaften nahm er teil. Die nächsten sind in Berlin, Ulm und Spanien. „Mal sehen, ob das stattfindet“, sagt Leo Bally. „Ein Turnier in Irland, das ich eingeplant hatte, ist wegen Corona abgesagt worden.“
Nächster Schritt: Sportstipendium in den USA
Die Teilnahme am Bundeswettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ ist bislang sein größter Erfolg. „In der Einzelwertung bin ich auf den 11. Platz von bundesweit 50 Teilnehmern gekommen.“ Aber damit soll noch lange nicht Schluss sein, denn der junge Schweizer hat sich viel vorgenommen. Nach dem Abitur im kommenden Jahr geht er für vier Jahre in die USA. Es lagen ihm Angebote für verschiedene Colleges vor, er hat sich für ein Sportstipendium eines Colleges in der Nähe von New York entschieden. „Einen Vorvertrag habe ich schon unterschrieben“, freut er sich.
Sein ganz großer Traum? Als Golf-Profi in der European Tour zu spielen. „Aber ich habe ziemlich spät angefangen“, sagt er. „Daher verfolge ich neben meinen sportlichen auch die schulischen Ziele.“ Seine Interessen sind weit gefächert zwischen Naturwissenschaften, Psychologie und Wirtschaft. „Ich könnte mir im Moment gut vorstellen, Humanbiologie zu studieren.“