Für viele, wenn nicht die meisten Golfer, ist die Frage, wer im Profigolf spielt wo ein Buch mit sieben Siegeln. Ich werde manchmal selbst von Golflehrern angerufen. Und diese fragen mich: “Sag mal, warum spielt der oder die Spieler/in nicht mit?”
Anlass dazu ist auch die frische Open-Siegerin Sophia Popov aus Deutschland, die das vielleicht renommierteste Golfturnier im Damengolf gewonnen hat, aber jetzt beim nächsten Major nicht antreten darf. Die konkurrierenden Verbände, sprich die Touren, sollten sich daher überlegen, ob dieser Konkurrenzkampf nicht zum Schaden aller ist. Wenn man sich nun schon zu einer großen Regelreform durchgerungen hat und auch hier jede Rivalität beiseite gelegt hat, dann sollten doch die Verbände, die ja eine Menge Geld damit verdienen, endlich bereit sein, eine große Reform im Profisport durchzuführen.
Pläne einer “Welttour”
Bereits in den 1980er Jahren haben die damaligen Stars der Szene, vor allem die europäischen Profis, eine sogenannte “Welttour”, ähnlich wie beim Tennis, gefordert. Sie wollten damals sowohl auf der Europa-Tour, als auf der US-PGA-Tour spielen. Die damaligen, sehr mächtigen Tour Commisioners Deane Beman, der später von Tim Finchem abgelöst wurde, verhinderten dies, da sie die finanziellen Interessen der PGA -Tour gefährdet sahen. Sie waren so mächtig, dass sie sich durchsetzten und von den Stars verlangten, wenn Sie auf der US Tour spielen wollten, müssten Sie mindestens 12 Turniere mitspielen. Damit konnten diese dann kaum in Europa spielen. Natürlich ist die US Tour bis heute die finanziell wesentlich stärkere und lukrativere Tour und es ist klar, dass alle Spieler dort spielen wollen, wo die Geldtöpfe prall gefüllt sind.
Der Grund ist klar: in den USA ist Golf ein Massensport, wird ständig im TV übertragen, es gibt eigene Golf-TV-Sender, die Tag und Nacht über Golf berichten. Dadurch werden Sponsoren angezogen. In Europa kämpft man bei jedem Turnier mittlerweile mangels Zuschauer um Übertragungszeiten, bis auf wenige Ausnahmen um jeden Euro. Ja manchmal gibt die European Tour sogar aus der eigenen Kasse Geld dazu (z.B. in Österreich) um ein Turner stattfinden zu lassen. Das Gesamtpreisgeld von oft unter 1 Million lockt dann natürlich keinen der Spitzenleute zur Teilnahme und das Feld wird dann meist mit Spielern aus den hinteren Reihen besetzt. Die meisten Zuschauer haben überhaupt keine Ahnung, welcher ihrer Favoriten wo spielt bzw. spielen darf.
Hier ein kurzer Überblick der Touren
USA PGA- Tour
Die PGA Tour (offizielle Schreibweise PGA TOUR) ist eine Organisation mit Hauptsitz in Ponte Vedra Beach, Florida, USA. Sie betreibt die wichtigste Golf-Tour der USA in 3 Ebenen (Levels):
- Die PGA Tour, die Top-Level Tour (mit 270 Millionen US-$ Gesamtpreisgeld, die mit Abstand höchstdotierte Turnierserie der Welt)
- Die Korn Ferry Tour (seit 19. Juni 2019), vormalige Bezeichnung Web.com Tour, die Second-Level Tour
- Die Champions Tour, für Professionals über 50 Jahre (Bernhard Langer spielt hier)
Die PGA Tour betreibt keine Frauen-Turnierserien in den USA, diese werden von der unabhängigen LPGA durchgeführt
Wie erhalte ich ein Spielrecht auf der PGA Tour?
Die PGA Tour hält jährlich im Herbst ein Qualifikationsturnier, die Q-School über 6 Runden ab, wobei die ersten 30, inklusive geteilte 30. Plätze, die Spielberechtigung für das folgende Jahr auf der Top-Level Tour erhalten. Weiterhin spielberechtigt sind die ersten 20 der Nationwide-Tour-Jahreswertung und die ersten 125 der Top-Level-Jahreswertung PGA Tour Money Leaders. Wer nicht unter den ersten 125 ist, muss sich neu qualifizieren. Es ist also so, dass es einen Auf- und Abstieg gibt. Spieler der European Tour sind also nicht automatisch qualifiziert auf der US Tour zu spielen, außer sie gehen durch die Qualimühle oder gewinnen ein Major etc.
Bei manchen Turnieren jedoch, sogenannt Invitationals, sind nur die ersten 70 der PGA Tour Money Leaders spielberechtigt. Manchmal können auch Spieler über Wildecards als Gäste an PGA Turnieren teilnehmen, dies ist dann aber auf 3 Turniere beschränkt. Teilnehmer am aktuellen Ryder Cup oder Presidents Cup erhalten automatisch die volle Spielberechtigung für zwei Saisons.
Die European Tour
Die European Tour (früher PGA European Tour, wurde wegen einem Namensstreit abgeändert) ist eine Organisation mit Hauptsitz im Wentworth Club in Virginia Water, England. Sie betreibt die drei führenden professionellen Golf-Turnierserien Europas:
- Die European Tour (die höchste Spielklasse)
- Die Challenge Tour (die zweithöchste Spielklasse)
- Die European Seniors Tour (für Professionals über 50 Jahre)
Ursprünglich als rein europäische Tournee abgehalten, hat sich die European Tour immer mehr ausgebreitet und veranstaltet mittlerweile Turniere auf allen Erdteilen, ausgenommen Nordamerika, das der US-amerikanischen PGA TOUR vorbehalten bleibt. Die vier sogenannten Majors (Masters, US Open, The Open Championship und PGA Championship) sind mittlerweile Bestandteil sowohl der PGA European Tour als auch der PGA TOUR, wobei die Veranstaltung dritten Organisationen obliegt.
Die European Tour richtet auch den Ryder Cup (in Kooperation mit der PGA of America) aus. Bei dieser Ryder Cup Organisation zeichnet (wir berichteten davon) mein Freund Johnathan Mannie u.a. verantwortlich.
Die Ausbreitung der European Tour auf andere Erteile, etwa in Zusammenarbeit mit der Asien- oder Südafrikatour, hat vorwiegend finanzielle Gründe, da es in Europa allein nicht genügend Sponsoren für die Durchführung von Turnieren gibt.
Zwischen der US Tour und der European Tour gibt es einen harten Wettbewerb, wie beschrieben, weil es natürlich Spitzenspieler immer dahin zieht, wo das meiste Preisgeld zu verdienen ist. In diesem Falle natürlich die USA. Damit verliert die andere Tour an Attraktivität und auch Sponsoren.
Qualifikationskriterien der European Tour
Spielberechtigt für die folgende Saison sind die ersten 110 Golfer des “Race to Dubai” (European Tour Geldrangliste) der abgelaufenen Saison. Entscheidend für diese Einstufung ist die Rangliste der “Race to Dubai” nach Abschluss der regulären Spielzeit vor den ‘Final Series’. Zusätzlich spielberechtigt für die “Race to Dubai” sind die ersten 15 Teilnehmer der zweitklassigen Challenge Tour. Die PGA European Tour hält darüber hinaus jährlich im Herbst mehrere Qualifikationsturniere, die PGA European Tour Qualifying School in drei Qualifying Stages ab, bei denen die ersten 30 der Final Qualifying Stage die Spielberechtigung für das folgende Jahr auf der European Tour erhalten.
Die Majors – Masters, US Open, British Open, PGA Championship
Die vier Major Turniere im Profigolf sind das US Masters, die PGA Championship, die US Open und die Open Championship. Diese vier Turniere stellen die bedeutendsten Wettkämpfe für einen Golfer dar. Ein Spieler, der ein solches Turnier gewinnt, darf sich dann Major Sieger nennen. Sie unterliegen eigenen Teilnahmerechten, die auch von Major zu Major Turnier unterschiedlich sein können.
Ein Beispiel: Ein Major ein Mal zu gewinnen, gibt jedem Sieger eine Absicherung für seine Zukunft. Der Sieger qualifiziert sich für fünf Jahre für die anderen Major-Turniere (Masters Tournament, US Open, British Open und The Open Championship). Bei bestimmten Majors erhält er ein lebenslanges Spielrecht (British Open bis 60 Jahre). Außerdem bringt der Sieg eine fünfjährige Spielberechtigung auf PGA und European Tour. Dies schaffte etwa der Deutsche Martin Kaymer. Nicht so ist es bei der LPGA, deshalb darf Sophia Popov beim nächsten Major nicht starten, da sie nicht den notwendigen LPGA Ranglistenplatz hat.
Liebe Golferinnen und Golfer, dieser kurze Überblick, der die wesentlichen Details des Profiturniergeschehens beinhaltet, zeigt, wie kompliziert das Profigeschäft ist.
Meiner Meinung nach, wäre eine Entflechtung dringend notwendig. Außer den finanziellen und persönlichen Animositäten wäre es für den Profigolfsport ein großer Gewinn endlich eine übersichtliche “Welttour” mit entsprechendem Unterbau und einer entsprechenden Organisation einzuführen. Es sind aber ähnliche Schwierigkeiten wie sie die EU im Moment hat (siehe Austritt GB) zu überwinden. (Die PGA von GB & I hat auf Namensrechte gepocht, deshalb auch gewisse Namensänderungen erfolgen mussten).
Noch komplizierter finde ich, ist die sogenannte Weltrangliste, deren Aussagekraft für mich gegen Null tendiert. Wie will man Turniere der ständig mit starken Topspielern besetzten US Tour mit denen der European Tour ehrlicherweise korrekt bewerten? Das ist fast unmöglich. Lösung wäre wieder ganz einfach, eine Welttour einzuführen, die im Prinzip nach der bisherigen “Order of Merit” der jeweiligen Touren gestaltet wird. Ohne jetzt den Europäern nahezutreten, die US Tour ist natürlich im Moment das NONPLUSULTRA nicht nur, was das Preisgeld angeht, sondern auch die Klasse der Spieler und Attraktivität.
In einem meiner Artikel schrieb ich, dass Stimmen im Profilager von anerkannten Experten wie Butch Harmon und Sir Nick Faldo laut wurden, die auch eine Reform im Profigolf, etwa bezüglich der Ausrüstung, forderten. Nun, wenn schon eine Reform, dann bitte kein Reförmchen, sondern man sollte gleich Nägel mit Köpfen machen und eine für alle Golfbegeisterten weltweit endlich ein klares Konzept auch was die Turniere etc. angeht erstellen.
Vielleicht hat Ihnen dieser Artikel einen kleinen Einblick in die Welt des Profigeschäftes ermöglicht, zugegeben er ist nicht einmal umfassend, aber ich hoffe damit, die wichtigsten Fragen geklärt zu haben.
Ein schönes Spiel, bleiben Sie gesund, achten Sie auf soziale Distanz!
Autor des Buches „Die Jagd nach Golf“