Wenn ich die täglichen Nachrichten über den Konflikt im nahen Osten verfolge, habe ich unweigerlich die Bilder meines Jordanien Besuches im Jahr 2023 vor Augen. Wie wird es den Menschen ergehen, die ich bei meiner Jordanien Reise kennengelernt habe?
Im Laufe meiner langen Karriere in den verschiedensten Bereichen des Golfsports, als Spieler, Manager, Golfplatzbauer und Golfberater, bin ich mehrere Male rund um den Erdball gereist. Bereits sehr früh, als Teil der 68er-Generation und aus einem politischen Elternhaus entstammend, wurde mir klar, dass Sport immer politisch ist.
Die Olympischen Spiele 1972 und heute
Als sehr junger Sportlehrer wurde ich von Südkorea bei der Olympiade in München als Trainer ihrer Olympiamannschaft 1972 engagiert. Noch immer läuft es mir kalt den Rücken runter, wenn ich an den Einmarsch bei der Eröffnung denke. Es waren so heitere, unbeschwerte Spiele, ein Treffen der Sportler aus aller Welt, mit einigen habe ich bis heute noch Kontakt.
Genauso gut kann ich mich an die Katastrophe des Überfalls der PLO auf die israelische Mannschaft erinnern. Ich wohnte nicht weit vom Quartier der Israelis entfernt. Auch viele hartgesottene Athleten weinten damals bitterlich. Zum ersten Mal traf uns Sportler mit dem Attentat der Nahostkonflikt. Die 68er rebellierten gegen die immer noch, auch in der Sportpolitik, vorhandenen Überbleibsel der Kriegs- und Nazigeneration. Heute weiß man Bescheid über diese üble Rolle des damaligen Präsidenten des Olympische Komitees, Avery Brundage, welche dieser bereits bei den Spielen von 1936 hatte. Dieser Dämon scheint bis heute mit dem Amt verbunden zu sein.
Während der diesjährigen Spiele in Paris ist mir das all das wieder in Erinnerung gekommen. Ich durfte später vor allem bei Winterspielen in diversen Funktionen dabei sein. Dies war auch ein Grund dafür, dass ich nach Lech am Arlberg kam. Nämlich die Freundschaft zu Olympia-Skifahrern aus dem berühmten Skiort. Diese Sportler, und vor allem mein leider viel zu früh verstorbener Freund Professor Hubert Schwärzler, seines Zeichens Tourismusdirektor und Hotelier in Lech, hatten sich bei mir mit dem Golfvirus infiziert.
Irgendwann holten Sie mich für ein paar Wochen im Jahr, um auf einer Almwiese als Driving Range, das Dorf mit dem Golfvirus anzustecken. Zusammen wurde ein Golfclub gegründet und ich plante die ersten drei Löcher für sie. Heute verfügt Lech über eine wunderschöne 9-Lochanlage mit Clubhaus und ein ehemaliger Schüler von mir ist seit Jahren der Manager des Clubs. Warum dieser Rückblick? Lech zieht seit Jahren internationales Publikum an. Auch der jordanische König Hussein stieg viele Jahre im Hotel Haldenhof meines Freundes Hubert Schwärzler ab. Dieser baute eine besondere Freundschaft zu dem Königshaus auf, so dass auch sein Sohn Michael, der jetzt das Hotel führt, dies weiterhin pflegt und das jordanische Königshaus bei ihm zu Gast ist. Prinz Hassan von Jordanien war eines Tages Gast in Lech und in einem Gespräch kam man auf de Golfsport und auch auf Prinz Hassans neuen Platz in Aquaba zu sprechen, sowie die Probleme, die er damit hat. Da erinnerte man sich an mich als Helfer und so machte ich mich eines Tages auf den Weg nach Jordanien.
Auch Lech nach Jordanien
Meine Frau ist Kunsthistorikerin, sie ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen, mich zu begleiten. Viele bekannte Kulturstätten riefen. Das Gute dabei, wir hatten über die ganze Zeit einen eigenen Fahrer zur Verfügung. Mit ihm konnten wir das ganze Land erkunden. Von der Hauptstadt Amman angefangen, bis Jerash. Die dortigen riesigen römischen Siedlungen waren beeindruckend, bis zu den berühmten Felsenbauten von Petra deren Erbauer, das antike nordwestarabische Volk der Nabatäer war. Sehr interessant war auch der Wadi Rum, bis heute finden Sie dort Nachlässe des Briten Lawrence von Arabien, der die arabischen Stämme zum Guerillakrieg gegen die türkischen Besatzer während des Ersten Weltkrieges führte.
Unser Fahrer, der ein flüssiges Englisch sprach, war geschichtlich sehr gebildet und gab uns auch über das politische und soziale Leben Jordaniens sehr gute Einblicke. Da ich auch in vielen anderen arabischen Ländern während meiner Spielerzeit war, und auch die dort vorherrschenden Regime kennengelernt hatte, war ich überrascht, wie das sehr beliebte Königshaus hier in Jordanien regiert. Der König und die Prinzen mischen sich oft direkt unter das Volk und dieses liebt seinen König. Jordanien ist kein reiches Land, das nicht über Erdöl- oder Erdgasvorkommen verfügt. Außer Kalisalz gibt es in der Richtung fast nichts. Das Land importiert 97 Prozent seines Energiebedarfs und zählt zu den wasserärmsten Staaten der Erde.
Die einzige Autobahn führt von Amman schnurgerade durch Wüstenlandschaften nach Aquaba am Roten Meer. Sie ist in einem tadellosen Zustand, wären da nicht ab und an Kamele und Esel auf der Straße. Jordanien führt eine geschickte Politik, die einem Tanz auf des Messerschneide gleicht.
Einerseits müssen sie der arabischen Gemeinschaft, von deren Unterstützung sie abhängig sind, genüge tun. Andererseits pflegen sie zu Israel ein relativ entspanntes Verhältnis. Nach den verlorenen Kriegen gegen Israel kamen sehr viele Palästinenser, die mittlerweile integriert wurden, ins Land. Diese sind zwar mit jordanischen Pässen ausgestattet, aber die wichtigen Stellen im Staat besetzen die Jordanier. Auch die Wohngebiete sind meist nach Herkunft getrennt. Es ist aber alles scheinbar friedlich. Jordanien beherbergt die meisten Flüchtlinge aus Syrien in Zeltstädten im Norden, die vor den Gräueltaten Putins und Assads geflohen sind.
Obwohl das Land arm ist, kümmert man sich um diese Flüchtlinge. Man wird unwillkürlich mit den Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen hierzulande konfrontiert. Auch das Augenverschliessen vor Putin und seine Herrschaftsansprüche hierzulande, besonders im Osten Deutschlands, vermag man kaum zu glauben. Rechtsgerichtete und andere Parteien, wahrscheinlich von Putin gesponsert, sind von einer Ideologie infiltriert, die man als Demokrat kaum verstehen kann. Wenn ich immer höre, man müsse auf Diplomatie setzen, vergisst man, dass Deutschland keine militärische Macht hat und von den USA geschützt werden muss, falls Putin auf die Idee kommen sollte, sich Teile Deutschlands wieder einzuverleiben. Nun der Ukraine keine weiteren Waffen mehr zu geben, ist eine Einladung an Putin, die Ukraine besetzt zu halten. Wer sollte ihn dann daran hindern, das Gleiche mit Polen anderen Ländern auch zu machen? Die deutsche Armee ohne Abschreckungswaffen sicher nicht. Kommen wir zurück nach Jordanien.
Jordanien versucht, sich aus dem Konflikt herauszuhalten
Es gibt Parallelen zu dem Konflikt im Nahen Osten und Jordanien. Das Land an der Grenze zu Israel versucht den Spagat, sich aus dem Konflikt weitgehendst herauszuhalten. Der Anteil des Landes am Roten Meer ist gering. Lediglich ein Seitenarm des roten Meers mit der kleinen Bucht ist der einzige Zugang zum Meer und der einzige Hafen. Hier liegt auch die Stadt Aquaba. Vor den Toren Aquabas hat nun das Königshaus von Greg Norman eine 18 Loch-Golfanlage errichten lassen.
Golfplatz mit Wasserlieferung aus Israel
Das Clubhaus in Erdhügelform, passt gut in die Landschaft und wurde von Gregs dritter Frau, einer Landschaftsarchitektin, entworfen. Der Headpro, ein Südafrikaner begrüßte mich herzlich und er konnte sich an mich erinnern, dass ich vor vielen Jahren das Turnier in Sun City/Südafrika gewonnen hatte. Die Golfwelt ist halt klein. Das Problem des Platzes war ganz deutlich der in ganz Jordanien herrschende Wassermangel. Ein Teil des benötigten Wassers lieferten die Israelis. Die israelische Stadt Eliat ist in Sichtweite, genauso auf der gegenüberliegenden Seite die Grenze zu Saudi Arabien. Das Wasser aus den Entsalzungsanlagen ist nur bedingt geeignet für die Grüns und die Abschläge.
Natürlich stellte ich mir selbst die Frage, ob mitten in der Wüstenlandschaft ein Golfplatz für recht wenige Spieler notwendig sei? Mit fortgeschrittenem Alter stelle ich mir immer öfter die Frage, ob Golfplätze in solchen Gegenden oder auch in großen Höhen einen Sinn ergeben. Mein Mentor Arnold Palmer sagte einmal zu mir:
„Weißt Du was einen guten Platz ausmacht? Ein guter Platz ist es dann, wenn man erst auf den zweiten Blick erkennt, dass in die Landschaft ein Golfplatz eingebaut wurde.“
Heute denke ich oft an diesen Satz, und er hat recht.
Wenn ich nun täglich die schrecklichen Bilder des Nahostkrieges sehe, denke ich oft an meine Jordanienreise. Diplomatie, so wie es die Jordanier betreiben, scheint mir nicht mehr möglich. Die von den Kolonialmächten Großbritannien und Frankreich gemachten Fehler – statt des damals versprochenen, vereinten arabischen Königreichs wurden einfach ohne Rücksicht auf religiöse und ethnische Bevölkerungen Staaten am Reißbrett erstell – spüren wir noch heute.
Bei einem Rückflug von einem Turnier musste ich einmal in Beirut zwischenlanden. Den kurzen Aufenthalt nutzte ich für eine Taxirundfahrt. Es war damals eine schöne Stadt. Man sprach von dem „Nizza des Nahen Ostens.“ Die Bilder, die jetzt über den TV flimmern, sind erschreckend.
Wird es irgendwann eine Zeit ohne Angst und Hass geben?
Ich hoffe, dass es irgendwann wieder möglich ist, den Nahen Osten gefahrlos zu einer Runde Golf zu besuchen. Anlässlich meines neuen Buches „Tödliches Spiel“, hat mir der Herausgeber des Golfsportmagazins mitgeteilt, dass ich im Laufe der vielen Jahre mehr als 120 Artikel für sie geschrieben habe.
Nicht alle haben Sie vielleicht angesprochen? Es würde mich aber freuen, wenn Sie mir weiterhin die Treue halten. Auch wenn dieser Artikel sehr wenig direkt mit Golf zu tun hatte, bemühte ich mich, Ihnen angesichts des Konflikts, ein wenig meine Eindrücke aus dem Land Jordanien zu schildern.
Gerne stehe ich für Ihre Fragen zur Verfügung.
Mit dem Wunsch, dass Sie alle noch eine erfolgreiche Saison
Mit besten Grüßen
Ihr