Stillstehen und den Golfschläger schwingen statt dem Ball hinterher zu rennen? Obwohl es auf den ersten Blick kaum unterschiedlichere Sportarten gibt als den Volkssport Fußball und die als elitär geltende Disziplin Golf, finden sich bei den Fans immer häufiger Überschneidungen. Das gilt bei den aktiven Spielern genauso wie bei den Zuschauern.
Kicker, die unter anderem die Bundesliga Wettquoten hochtreiben, zieht es in der Freizeit mit zunehmender Begeisterung aufs Grün. Dazu gehört Harry Kane. Der englische Nationalkapitän und Bundesligatorschützenkönig der Saison 2023/2024 ist einer der prominentesten und besten Hobbygolfer unter den Starkickern. Obwohl seine Priorität unverändert dem Fußball und seinem Club Bayern München gilt, hat er sich zum Scratch-Golfer vorgearbeitet.
Harry Kane
Mit seinem Antritt bei den Bayern hat Kane einen edlen Wettstreit ausgelöst, wer im Kader der bessere Golfer ist: er oder Bayern-Legende Thomas Müller.
Ein enthusiastischer Golfer ist auch Gareth Bale. Seit seinem Rückzug aus dem aktiven Fußball widmet sich der langjährige Madrid-Star intensiv dem Golfsport. Obwohl er jüngst Schlagzeilen machte, weil ihm ein Hund bei einem Prominententurnier im schottischen St. Andrews den Golfball gestohlen hatte, beeindruckt er in erster Linie mit seinem Talent auf dem Platz.
Um zu trainieren, muss er nicht weit gehen. Bale, der ein Handicap von 2 hat, besitzt einen eigenen Golfplatz in seinem Garten in Wales. Drei der berühmtesten Par-3-Löcher der Welt stehen ihm als Replika zum Üben zur Verfügung. Seine Liebe zum Golfsport demonstriert er zudem als Besitzer des „Par59“. Hinter dem Namen verbergen sich eine Bar und ein Restaurant mit Golf als Thema.
Wayne Rooney, der ehemalige englische Kapitän und Rekordtorschütze, ist ebenfalls Golfer aus Leidenschaft. Der 16-Handicapper greift seit seinem siebten Lebensjahr zum Golfball, wobei er anfangs nur mit der Hand spielte.
Pep Guardiola
Fan des Sports ist auch der ehemalige Bayern-Coach Pep Guardiola. Mit einem Handicap von 10 zählt der als Perfektionist bekannte ehemalige spanische Nationalspieler zwar nicht zu den Superstars unter den golfenden Fußballern, aber seine Leistungen können sich dennoch sehen lassen.
Viele der Eigenschaften, die einen guten Kicker auszeichnen, werden beim Golf genauso gefordert. Konzentration ist die Grundlage für jeden erfolgreichen Schlag und jeden genauen Pass oder Torschuss. Während es beim Fußball um die Koordination von Fuß und Auge geht, ist beim Golf die Hand-Auge-Koordination gefragt. Distanzen und Winkel, Wind und andere Faktoren müssen in beiden Sportarten einbezogen werden. Im Golf bleiben den Athleten dafür allerdings mehr Zeit, während auf dem Fußballfeld jegliche Kalkulationen im Eiltempo im Hinterkopf stattfinden müssen.
Diese Zeit und der ungestörte Fokus, den der Golfsport erlaubt, tragen zum meditativen Effekt bei. Obwohl bei den Großereignissen ebenfalls enorme Fanscharen den Kurs säumen, finden die Abschläge selbst auf dem Grün in fast andächtiger Stille statt. Das steht im deutlichen Gegensatz zum Fußballspiel, wo das laute Anfeuern durch die Fans den Adrenalinspiegel in die Höhe treiben.
Obwohl Golf den gesamten Körper trainiert, ist die Anstrengung deutlich sanfter als im Fußball. Statt zu rennen, Haken zu schlagen, blitzschnelle Richtungswendungen vorzunehmen und mit schmerzhaften Fouls rechnen zu müssen, legen Golfspieler ihre Kilometer in normalem Tempo und ohne extreme Anforderungen an den Körper zurück.
Golf als Reha-Sport
Golf wird deshalb auch gern zur Rehabilitation eingesetzt. Muskelfaserrisse, Sehnenrisse und ähnliche Verletzungen sind im Fußball ein ständiges Berufsrisiko. Mehrwöchige oder gar mehrmonatige Verletzungspausen sind daher nicht selten. Um die Kicker wieder fit für Spiele zu machen, ist ein schonendes und dennoch forderndes Training angesagt. Golf bietet all das. Zudem erlaubt der Sport die Konzentration rein auf sich selbst und den eigenen Körper, beziehungsweise die ausschließliche Aufmerksamkeit des Trainers oder Physiotherapeuten.
Zudem stärkt Golf die Psyche. Die relative Abgeschiedenheit und Ruhe, inmitten des beruhigenden Grüns der Natur, das alles trägt zur mentalen Entlastung bei. Die für den Fußball unerlässliche Konzentrationsfähigkeit und das Muskeltraining werden gefördert, ohne dass die zum Kicken dazu gehörenden Stresssituationen entstehen.
Der bei den meisten Sportprofis stark ausgeprägte Wettbewerbsgedanke muss beim Golf dennoch nicht hinten anstehen. Am eigenen Handicap zu feilen, eine Freundschaftsrunde zu spielen oder hinterher am 19. Loch über die gemachten Schläge zu diskutieren kann genauso spannend sein wie eine intensive Trainingseinheit im Fußball.
Vor allem aber macht Golf Spaß, ob es den Kickern dabei nun um eine andere Form von Fitness, den Ausgleich zum Fußball oder eine sanfte Reha-Methode geht.
Obwohl Golf in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern vor allem im Vergleich zum Fußball immer noch ein Randsport ist, interessieren sich in der Bundesrepublik fast 6 Millionen Leute sehr oder zumindest ein bisschen für den Sport. Kickerstars wie Kane und Müller, die beide aus ihrer Begeisterung fürs Golfen kein Geheimnis machen, helfen dabei. Obwohl die als elitär angesehene Disziplin noch einen weiten Weg bis zum Volkssport hat, beweisen die golfenden Fußballer, dass beide Welten sich durchaus verbinden lassen.