Umfragen zeigen, dass bereits jeder zweite Beschäftigte häufig unter starkem Termin- und Leistungsdruck leidet – mit dramatischen Folgen: Die Zahl psychischer Erkrankungen und damit verbundener Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland ist in den letzten 15 Jahren um mehr als 80 Prozent gestiegen. Jede zweite Frühverrentung und 40 Prozent der Ausfallzeiten gehen auf seelische Erkrankungen zurück. Bis zu 13 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland sind nach Schätzungen von Gesundheitsexperten und Krankenkassen bereits von Burnout betroffen. Eine Möglichkeit der Burnout-Prävention und sinnvolle Therapie-Option ist das Golfspielen, wie eine Studie von Dr. Petra Sommer belegt.
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Burnout als Form der Depression
Als Ursache wird eine, meist durch Stress ausgelöste, berufliche oder anderweitige Überlastung bei der Lebensbewältigung angegeben. Burnout ist aber, laut Petra Sommer, nicht einfach nur eine Überlastung, sondern stellt eine Form der Depression dar, also das „Fallen in ein tiefes Loch“. „Das Leiden ist heute weniger tabuisiert“, so die Expertin. „Betroffene bekennen sich jetzt vermehrt dazu und wirken ihr mit unterschiedlichsten Methoden aktiv entgegen.“ Dem Diplom-Psychologen Louis Lewitan zufolge kommt Burnout besonders häufig in idealistischen Berufen vor: „Es resultiert aus einer Kombination aus Selbstausbeutung, mangelnder Selbstwertschätzung und der Tatsache, dass die Arbeit zum Lebensmittelpunkt wird. Alles Weitere im Leben hat dann keine annähernd große Relevanz mehr.“ Eine typische Folgeerscheinung dieser Erkrankung ist, dass Betroffene alltägliche Tätigkeiten, die sie bis dahin gut gemeistert haben, nicht mehr schaffen. „Das fängt schon mit dem Aufstehen an, was für Burnout-Erkrankte zu einer fast unüberwindbaren Aufgabe wird. Dieses subjektive Gefühl der Ohnmacht kann jede Berufsgruppe treffen, Top-Manager ebenso wie einfache Arbeiter oder Hausfrauen“, ergänzt Sommer.
Auslöser für Burnout – Golf gegen Burnout
Der Auslöser des Burnout-Syndroms ist häufig eine Stresssituation. Oftmals wird Stress als etwas von außen Herangetragenes gedeutet, dabei kann er, so Sommer, auch banale und nicht gleich sichtbare Ursachen haben. „So können alltägliche Umweltgeräusche oder eine harmlose Erkrankung schon reichen, um den Burnout zu forcieren, also das Fass zum Überlaufen zu bringen“. Es gibt aber auch endogene Auslöser für ein Stress-Empfinden. Rein medizinisch betrachtet, kommt es bei Betroffenen zu einem Absinken des Serotoninspiegels, also des Entspannungshormons, und einem Anstieg des Cortisol-Spiegels, dem Stresshormon. Plötzlich fühlen sich diese Menschen gestresst, obwohl es manchmal objektiv betrachtet keinen Auslöser gibt“, erklärt Petra Sommer dieses Phänomen. Burnout hängt auch davon ab, wie der Körper auf gewisse Stresssituationen reagiert. „Kann er mit Stress gut umgehen, bleiben die Hormonwerte im Normalbereich. Manifestiert sich jedoch ein hoher Cortisol-Spiegel auch in Nicht-Stresssituationen, dann liegt ein Burnout vor“, so Sommer.
Golf als Untersuchungsgegenstand
Um den positiven Effekt von Golf auf einen in Schieflage geratenen Hormonhaushalt zu untersuchen, unternahm sie eine umfassende Testreihe mit 493 Probanden, bei der 396 Golfspieler zum Abschlag antraten und 97 Probanden in ihrer Funktion als Referenzgruppe nichts taten. „Wir haben uns für Golf als Untersuchungsgegenstand entschieden, da er als moderater Ausdauersport gilt, bei dem man an der frischen Luft ist, sich bewegt und keinen klassischen Gegner wie bei vielen anderen Sportarten hat. Auch der soziale Aspekt spielt bei Golf eine große Rolle“, argumentiert Sommer. Im Ergebnis zeigte sich, dass in Ausübung des Golfsports der Cortisol-Spiegel erkennbar sank und Serotonin- und Dopamin(Glückshormon)-Spiegel stiegen. Erstaunlicherweise war der Effekt bei weiblichen Golfspielern größer als bei ihren männlichen Pendants. Körpergröße, Handicap und Alter spielten keine Rolle.
Golf gegen Burnout
Neben medikamentösen Therapien und psychotherapeutischen Behandlungen können auch motorisch-körperliche Aktivitäten bei einer Erkrankung wie dem Burnout-Syndrom den Selbstheilungsprozess fördern. In psychosomatischen Kliniken wird bereits sehr viel mit Sporttherapien gearbeitet. Moderates Training wie Yoga oder Nordic Walking, Wellness und Entspannung sollen bei Erkrankten abseits der Medikation den Depressionszustand bessern. Die Testergebnisse der Sommer-Studie zeigen, dass auch Golf eine sinnvolle Therapie-Option darstellen kann. Durch regelmäßiges Spielen normalisiert sich die Hormonlage, so dass das Burnout-Syndrom mittelfristig in den Griff zu bekommen ist, so Petra Sommer. Der Golfspiel-Stress-Tests hat ergeben, dass sich die Werte selbst bei den Probanden verbesserten, die glaubten, dass Golf nichts bewirken kann. „Die Therapie erzielt seine Wirkung unabhängig vom subjektiven Empfinden, denn der Körper reagiert ganz von selbst positiv auf den Sport“, stellt sie fest. Golf sorgt für einen Stressausgleich, wenn der Sport nicht zu verbissen ausgeübt wird, bestätigt Lewitan: „Nur das Ziel, unter allen Umständen zu gewinnen, kann nicht gesund sein. Wer gegen sich kämpft und sich selbst zum Gegner hat, findet keine Entspannung im Sport. Die Freude am Spiel muss bewahrt werden.“
Der Erkrankung schwungvoll vorbeugen
Golf kann Positives in Bezug auf Stress und Burnout-Erkrankungen bewirken, ist Sommer mit Blick auf die Studienergebnisse überzeugt: „Golf macht glücklich und hilft zudem prophylaktisch. Ich glaube, dass Golftraining in psychosomatischen Kliniken viel bewirken könnte.“ Als eine der ersten bietet bereits die Fachklinik St. Lukas in Bad Griesbach Golf als Burnout-Therapie an. Auch VcG-Geschäftsführer Marco Paeke ist von der positiven Wirkung des Golfens überzeugt: „Golf macht den Kopf frei. Schon das Schlagen der Bälle auf der Driving Range ist das beste Antistress-Training. Ich glaube deshalb, auch mit Blick auf die Ergebnisse von Frau Dr. Sommer, dass dieser Sport sehr gut geeignet ist, Burnout-Erkrankten oder Burnout-Gefährdeten zu helfen.“
3 Kommentare
Ein sehr spannender Beitrag! An Golf denken vermutlich die wenigsten, wenn es heißt, sportliche Betätigung hilft gegen Stress und Depressionen… Ich denke das wichtigste ist, dass jeder seine eigene Strategie und seine Methoden findet, die für ihn optimal sind, das ist sicher auch eine Frage der Persönlichkeit.
Genau so ist es, jeder muss ausprobieren was ihm hilf, und was am besten passt.
Es ist richtig, jede und jeder sollte den optimalen Weg für sich finden aus der Falle von Eintönigkeit, aber auch aus dem Griff der Hyperaktivität zu entkommen.
Golf kann dabei helfen, ist aber nur ein Segment vieler Möglichkeiten.
Ich spiele selbst Golf. Allerdings würde ich trotz aller Begeisterung dafür, auch andere Alternativen ins Auge fassen.
Bei allen Patienten und Patientinnen sind persönliche, körperliche und psychische Faktoren mit deren Interessen in Einklang zu bringen.
Ich habe Golf ebenfalls als Ausgleich und Ergänzung in einer kritischen Lebensphase zu schätzen gelernt. Dieser Sport kann alleine, zu zweit, zu dritt oder zu viert ausgeübt werden.
Passend also zur jeweiligen Stimmung und Tagesform.
Sehr oft waren mir die Driving-Range und die Bereiche des „kurzen Spiels“ angenehme „Partner“ als „Zentren meditativen Versinkens“ in der Ausuebung meines Hobbys.
Leider ist es den Reha-Kliniken schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich für ihre Patienten die optimale Freizeitbetätigung, welche Körper und Geist im Einklang fordert, zu finden.
Sicher könnten im Bereich Golf viele Alternativen gefunden werden:
Z. B. Eine Puttingarea mit Kunstrasen sowohl im Freien als auch im Innenbereich, ein Chippingbereich rund um die Kunstrasenputtingaerea im Freien.
Alternativ könnten gute Abschlagmatten mit Kunstrasen für die ersten Versuche reichen.
Jetzt kommt das personelle Problem: wer unterrichtet unter Berücksichtigung bereits vorhandener körperlicher Probleme?
Vermutlich ist eine spezielle Ausbildung hierfür erforderlich.
Es würde mich freuen, würde Golf den Weg zum Rehasport finden.
Oskar Springer