Frau Rösner, sie sind Verwaltungsrechtlerin, Partnerin der Kanzlei Menold Bezler in Stuttgart, und sie vertreten die Golfclub Schloss Monrepos GmbH, die sich vor dem Verwaltungsgericht Mannheim gegen die Schließung der Golfplätze wehrt. Wer darf denn überhaupt Golfanlagen schließen lassen? Und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Der Gesundheitsschutz ist Ländersache. Deshalb haben die einzelnen Landesregierungen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes Mitte März 2020 die sogenannten Corona-Verordnungen erlassen, mit denen unter anderem der Betrieb von öffentlichen und privaten Sportstätten untersagt wurde, also auch von Golfplätzen. Solche Schließungen greifen allerdings schwerwiegend in die Grundrechte der Betreiber und Vereinsmitglieder ein. Grundrechtseingriffe sind nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig; sie müssen verhältnismäßig und zumutbar sein.
Bei den Golfplatzschließungen ging es – wie auch bei allen anderen von der Schließung betroffenen Bereichen – darum, Personenansammlungen zu vermeiden, um Infektionsketten zu unterbrechen und die weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verzögern. Hier standen also der Schutz von Gesundheit und Leben im Vordergrund, weshalb die ursprünglichen Schließungen an sich wohl verhältnismäßig waren.
Nachdem die Infektionszahlen stark nach unten gegangen waren, bestanden aber erhebliche Zweifel, ob es rechtmäßig war, die Schließungen auch nach dem 4. Mai 2020 noch aufrechtzuerhalten. Selbst wenn sie also rechtmäßig erlassen worden sind, können sie mit zunehmender Dauer rechtswidrig werden – und sie dürfen dann angesichts der schwerwiegenden Grundrechtseingriffe der Betreiber nicht mehr weiter aufrechterhalten werden.
Gibt es denn schon eine Rechtsprechung zu dem Thema?
Etwa ab Mitte April hat es eine wahre Klageflut gegen die Schließung von Einrichtungen gegeben; allein beim VGH Mannheim waren Anfang Mai 70 bis 80 Verfahren anhängig. Bundesweit gab es eine Vielzahl von Beschlüssen zur Schließung von Einzelhandelsgeschäften, vor allem gegen die 800 qm-Grenze, die letztlich von den Gerichten gekippt wurde. Konkret gegen die Schließung von Golfplätzen gab es einige Klagen von Privatpersonen, die aber stets abgelehnt wurden (VGH München, Beschluss vom 22.04.2020 – 20 NE 20.837).
Hätten sich die Landesgolfverbände oder der Deutsche Golfverband gegen die Maßnahme rechtlich wehren können?
Nein. Klagen setzen eine sogenannte Grundrechtsbetroffenheit voraus, das heißt schwere unmittelbare Nachteile des Klägers. Deshalb kann nur der jeweilige Betreiber der Golfanlage oder das einzelne Vereinsmitglied klagen. Die Betreiber der Golfanlage können sich auf den Eingriff in die Berufsfreiheit berufen und die finanziellen Einbußen anführen, die sie während der Schließung erlitten haben.
Es gab ja auch eine Golfanlage in Bayern, die sich der Verordnung widersetzt hat. Mit welchen Konsequenzen muss so ein Golfplatz rechnen?
Wer eine Einrichtung während der offiziell angeordneten Schließung betreibt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld rechnen.
Macht es rechtlich einen Unterschied, ob der Betreiber eines Golfplatzes eine juristische Person oder ein eingetragener Verein ist?
Nein, für beide gelten die gleichen Regelungen.
In allen Bundesländern darf ja jetzt wieder Golf gespielt werden. Können sich denn die Golfanlagen Hoffnung auf Schadensersatz machen? Immerhin sind die wirtschaftlichen Schäden nicht unerheblich.
Da es im Infektionsschutzgesetz keine eigenständigen Entschädigungsansprüche gibt, können sich die Kläger nur auf die Rechtsgrundlagen des allgemeinen Staatshaftungsrechts berufen. Das unterscheidet zwischen rechtmäßigem und rechtswidrigem Handeln der Behörden: Bei rechtswidrigem Handeln kommt ein Schadensersatzanspruch im Wege der sogenannten Amtshaftung in Betracht. Kernfrage ist dabei die Verhältnismäßigkeit der Schließung, also die Frage: Bis wann war die Schließung mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen noch gerechtfertigt bzw. zu welchem Zeitpunkt ist die Schließung in die Rechtswidrigkeit „umgeschlagen“? Dieser Zeitpunkt ist zwar schwierig vorherzusehen und zu bestimmen. Von vornherein ausgeschlossen dürfte aber ein Schadensersatzanspruch nicht sein.
Daneben gibt es im Staatshaftungsrecht gewohnheitsrechtlich anerkannte Ansprüche auf Entschädigung auch für rechtmäßiges behördliches Handeln. Juristen sprechen hier vom Anspruch aus enteignendem Eingriff und von Aufopferungsansprüchen. Diese setzen aber ein „Sonderopfer“ voraus, was trotz erheblicher finanzieller Nachteile im Fall der Golfplatzbetreiber eher nicht der Fall sein dürfte.
Frau Rösner, vielen Dank für diese Einblicke und das Gespräch!