Kaum eine Sportveranstaltung in dieser Welt kann auf eine so lange Geschichte und Tradition zurückblicken, wie die jährlich stattfindende Britische Offene Golfmeisterschaft, die seit dem Jahre 1860, Sieger damals ein Willie Park, durchgeführt wird.
Die Open wird immer im Wechsel auf neun verschiedenen Plätzen in England und Schottland, meistens Linkskursen, also Golfplätze, die an der Küste gelegen sind, ausgetragen. In der ganzen Welt, vor allem im englischsprachigen Raum, zählt diese Sportveranstaltung zu den Sporthighlights des Jahres, ähnlich wie bei uns eine Fußball- oder Skiweltmeisterschaft. Wochenlang vor und nach der Open berichten in diesen Ländern die Medien von dem Turnier.
Jedes Mal, wenn ich dann von dem Besuch der Open nach Hause zurückkomme, suche ich hier vergebens nach ausführlicher Berichterstattung. Bis auf ein paar Randnotizen gewährt man bei uns dieser Veranstaltung wenig Raum, was auch darauf zurückzuführen ist, dass Golf eben bei uns eine Randsportart ist.
Die Historie der Open, dem wichtigsten und prestigeträchtigsten der vier Golfmajorturniere, vergleichbar im Tennis mit Wimbeldon, ist nicht nur mit der 140jährigen Geschichte verbunden, sondern auch mit den Schicksalen diverser Gewinner. Tom Morris jun., Sohn des dreimaligen Gewinners der Open in den alten Tagen, Tom Morris sen., folgte seinem Vater als Gewinner.
Aus Gram über den frühen Tod seiner jungen Frau verschied auch Tom Morris jun. vor seinem Vater, dessen Golfshop bis heute am 18. Loch des Golfclubs St.Andrews existiert. Evergreen Tom Watson, mittlerweile 61 Jahre alt, vor 3 Jahren letztmalig als 2. in Turnberry hauchdünn am Sieg gescheitert, konnte 1983 zum letzten Mal die Siegestrophäe, die „Claret Jug“ in den Händen halten. Er ist mit fünf Siegen der Spieler, der die meisten Opengewinne verzeichnen kann. Auch dieses Jahr begeisterte Tom die Zuschauermassen und erhielt trotz unglaublichen Regenschauern und Sturmboen von mehr als 50 km/h am dritten und vierten Tag der Open in dem kleinen Städtchen Sandwhich, nahe Dover am „Channel“ gelegen, stehende Ovationen von den ebenfalls total durchnässten Zuschauern.
Watson ist eine Ausnahmeerscheinung, wie es sie in keinem anderen Sport gibt. Mit 61 Jahren spielte er auf Weltspitzenniveau, quasi mit seinen Enkeln, zum Beispiel den Shootingstars Rory Mc Ilroy (US Open Champion) und Ricky Fowler, beide mit 22 Jahren die jüngsten Spieler und schon vielfache Toursieger.
Meine diesjährigen Begleiter waren erstaunt über die Disziplin der Zuschauer. Rund 70.000, mehr als in der Münchner Allianz Arena Platz finden, besuchten an den jeweils vier Spieltagen die Open. Etwa 25 km außerhalb des Städtchens Sandwich, das für „normale“ Besucher während der Open komplett abgesperrt war, musste man parken. Mittels Doppeldeckerbussen wurden dann die Zuschauer zum Golfkurs transportiert. Vor einigen Jahren, kann ich mich erinnern, verankerte man an dem damaligen Austragungsort in St. Andrews, sogar das Kreuzfahrtschiff „Queen Mary“, damit man noch zusätzliche Bettenkapazitäten für die Besucher schaffen konnte.
Eine Zeltstadt, fast so groß wie das Münchener Oktoberfest, bot den Zuschauern die Möglichkeit, sich zu verpflegen. Es standen Banken, „Public –Viewing“ an riesigen Bildschirmen, Shoppingzelte, sowie diverse Restaurants und natürlich Zelte der Sponsoren, Medien usw. zur Verfügung.
Unglaublich am Eingang des Zeltes für die Golfprofis, das PGA – Zelt, wo ich mich mit meinen Kollegen Chris Roderick und Tom Weiskopf (ehemaliger Open Sieger) traf, steht seit Jahren ein uniformierter Türwächter, ähnlich wie man es vor Luxushotels kennt, der immer für einen Smalltalk mit den eintrittsberechtigten Besuchern bereit ist. Das 17. Mal erzählte er mir, ist er in dieser Funktion bei „The Open“, wie die Briten diesen Golfevent nennen.
Auch die heurige Open hat ihre besondere Geschichte. Der irische Volksheld und Rydercupspieler, Darren Clarke, mit 42 auch einer der ältesten Spieler, die je eine Open gewonnen haben, konnte sich als Sieger eintragen lassen. Viele andere berühmte Teilnehmer, wie z.B. Bernhard Langer hatten dies nie geschafft. Es wird sogar eine Liste von jenen Spieler geführt, die nie ein Major gewannen. Clarke schaffte dies nun im Spätherbst seiner Karriere. Er, der vor einigen Jahren, als seine Frau an Krebs erkrankte, ein Jahr lang seine Spielerkarriere unterbrach, um diese bis zu ihrem Tod zu pflegen, dann zurück ins europäische Rydercupteam berufen wurde, alle seine Spiele gewann und am letzten Grün weinend zu Ehren seiner toten Frau zusammenbrach. Diesem Darren Clarke flogen die Herzen der Zuschauer zu und kein Mitspieler in dem sonst so beinharten Profigeschäft missgönnte Clarke diesen Erfolg.
Allen Golfbegeisterten kann ich den Besuch einer „Open“ nur empfehlen. Hier erhalten Sie einen Zugang zu diesem Sport, der sonst nicht vermittelbar ist.
Herzlichst
Ihr
Heinz Schmidbauer