Kommt der nächste Martin Kaymer aus Eichenried? Das fragen sich die Verantwortlichen im Golfclub München Eichenried. Denn ihr Mitglied, der erst 22-jährige Stephan Jäger, wird als einer von zwei Amateuren bei den den BMW International Open zusammen mit den Profis an den Start gehen wird.
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„Mein Traum ist endlich wahr geworden.“, freut sich Stephan Jäger, der als zweiter Spieler des Golfclubs München Eichenried – nach Herbert Forster – bei den BMW International Open (23. bis 26. Juni 2011) starten darf. Nominiert worden ist er als einer von zwei Amateuren von DGV-Nationaltrainer Uli Zilg aufgrund seiner herausragenden Leistungen in den letzten Monaten und Jahren. Der zweite Amateur ist Marcel Schneider vom GC Schloss Monrepos.
Stephan Jäger ist in Erding zur Schule gegangen, doch seit einigen Jahren lebt er in den USA. Er spielt ein Plus-Handicap von 3,4 und ist Eichenrieds Ausnahmetalent schlechthin: Er war 2007 Bayerischer Herren-Meister und zugleich Bayerischer Meister der Jungen AK 18. Er hält mit -6 den Eichenrieder Amateur-Platzrekord (2008) und ist drei Mal in Folge Clubmeister geworden, zuletzt 2010 mit einer Leistung, die der BMW International Open würdig wäre: Mit 6 unter Par nach drei Mal 18 Löchern bei Temperaturen um 35 Grad gewann Stephan Jäger mit Runden von 70/74/69.
Die Nominierung von Stephan Jäger ist umso begrüßenswerter, als er in Europa gar nicht so oft spielen kann: Seit der 11. Klasse lebt er nämlich mehrheitlich in den USA und studiert dort an der UTC – University of Tennessee Chattanooga Sportpsychologie. „Ein Jahr Studium habe ich noch, dann werde ich Profi.“, sagt er selbstbewusst. Ist Martin Kaymer da ein Vorbild? „Vorbild nicht, aber ein Maßstab. Da will man selber hin, zu ihm schaut man auf.“ Stephan Jäger freut sich, dass er den aktuellen Weltranglisten-Dritten bei den 23. BMW International Open etwas näher kennenlernen kann.
Golfplatz Eichenried vor der Haustür und US-Erfahrung
Die Grundlagen für Stephan Jägers herausragendes Spiel hat er sich schon als kleiner Junge erworben: In seinem Geburtsort Eichenried nutzte er den vor der Haustür liegenden Golfplatz quasi als Spielwiese, trainierte täglich – und wollte immer schon einmal unbedingt bei den BMW International Open mitspielen. Im Golf-Internat Baylor eröffnete sich ihm die Chance, Turniererfahrungen auf zahlreichen US-Plätzen zu sammeln. „Ein erfolgreiches Jahr liegt hinter. In jüngster Zeit habe ich zwei Top 10-Platzierungen gehabt, zwei Top 5-Platzierungen, einen Sieg bei einem College-Turnier und einen Sieg bei einem Amateur-Turnier.“
Begleitet und gecoacht wird er dabei nach wie vor von Eichenrieds Pro Ken Williams, der mit ihm an „kleinen Sachen feilt“, wie er sagt.
Ziel: Den Cut schaffen!
Eichenrieds Geschäftsführer Korbinian Kofler, der selbst dank eines Golfstipendiums in St. Antonio, Texas, in den USA studiert hat, zollt ihm großes Lob: „Man sieht seine Routine, die er in den vielen US-Turnieren erworben hat. Die Konstanz in seinem Spiel hebt ihn deutlich von anderen Talenten ab.“
Gefragt nach seinen Stärken antwortet Stephan Jäger: „Meine Stärke ist das kurze Spiel, also das Putten, Chippen, die Wedges. Und ich bin mental ziemlich stark.“ Und was hat er sich bei den BMW International Open als Ziel gesetzt? „Ich will natürlich versuchen, den Cut zu schaffen. Wenn mir das gelungen ist, möchte ich am Wochenende vor allem Spaß haben auf dem Golfplatz.“
Stephan Jägers 58er Runde: Jetzt spricht seine Mutter!
Vier Wochen war Sophie Jäger in den USA und hat ihren Sohn Stephan Jäger auf insgesamt vier Turnieren der Web.com-Tour begleitet. Dass sie zum Abschluss ihrer Reise miterleben durfte, wie der 27-jährige Golfprofi mit einer 58er Runde Golf-Geschichte geschrieben hat, hätte sie sich nie träumen lassen.
„Das war der Wahnsinn“, sagt sie noch immer ganz euphorisch auf der Terrasse des Golfclubs München Eichenried, wo die ganze Familie seit Gründung des Clubs 1988 Golf spielt. Schließlich wohnen Klaus und Sophie Jäger ja auch in Eichenried – und Klein-Stephan, geboren am 30. Mai 1989, hatte zusammen mit seiner älteren Schwester Michaela einen ganz besonderen Spielplatz: den Golfclub München Eichenried.
„Richtig angefangen hat Stephan aber erst, als Hannelore Kofler, die Mutter des heutigen Eichenrieder Geschäftsführers Korbinian Kofler, als Lehrerin am Erdinger Gymnasium in der 5. Klasse Schulgolf angeboten hat. Vorher war Fußball interessanter. Bei seinen ersten Schul-Golf-Meisterschaften im Jahr 2000 hatte er noch ein Handicap von 30 – hat sich ja schnell verändert! Aber da hat ihn der Ehrgeiz gepackt!“ Eichenrieder Mitglieder der ersten Stunde erinnern sich an den extrem trainingsfleißigen Stephan, der täglich auf der Driving Range und auf dem Putting Grün anzutreffen war. „Fleißig und total fokussiert ist Stephan noch heute“, sagt die stolze Mutter.
Grüns wie eine Glasplatte
Wie war das nun auf dem Platz von TPC Stonebrae in der San Francisco Bay, wo Stephan mit dem Score von -30 nach vier Runden gleich noch eine historische Rekordmarke gesetzt hat? „Das war brutal! Es ist ein wahnsinnig schwerer, unheimlich hügeliger Platz mit teilweise 300 Höhenmetern Unterschied. An drei oder vier Löchern werden die Spieler mit Carts über Schluchten hinweg zu den Abschlägen gefahren. Dazu herrschte noch eine ordentliche Hitze. Die Grüns sind sensationell: sehr groß und total glatt. Eine richtig schöne Glasplatte, auch nachmittags noch.“
Das Geheimnis von Stephan Jäger
Was war aus ihrer Sicht das Geheimnis von Stephans Golfspiel am 28. Juli 2016? „Er hat einfach alle Bälle auf 1,50 Meter an den Stock gehauen. Höchstens vier Putts waren länger als zwei Meter. Und dabei hat er oft Driver, Driver gespielt.“ Wie bitte? Driver vom Fairway? „Ja! Die anderen haben Holz 3 genommen und mein Bub greift zum Driver. Unglaublich!“ Sie erinnert sich, wie sie am Vormittag noch fast allein auf der Runde waren, aber nach den ersten acht, neun Löchern immer mehr Fotografen und Presseleute sich um Stephans Flight scharten. „Die haben gemerkt, da läuft einer heiß. Das könnte eine Sensation werden. Das war dann Wahnsinn, was für ein Presserummel nach dem letzten Putt zur -12 losbrach. Da kann man sich schon wie der King fühlen.“
Nur ein einziges Bogey an vier Tagen
Aber Stephan Jäger hat nicht abgehoben, sondern blieb weiterhin extrem fokussiert und hat sich in seinem Rhythmus nicht stören lassen. „Nach der Runde hat er in unserem Hotelzimmer ein bisschen geschlafen, danach ist er ins Fitness, anschließend sind wir sind zusammen zum Abendessen gegangen, viel Sushi, sehr lecker. Und um 21 Uhr ist er meist schlafen gegangen. Für mich war das sehr erholsam. Ich habe noch nie so viele Bücher auf dem Kindle gelesen.“
Und was ist mit Training? „Das war nicht nötig. Es gab ja keine Probleme. In den vier Tagen hat er nur ein einziges Bogey gespielt, am ersten Loch des zweiten Tages! Er hat gespielt wie ein Roboter, nicht einen Fehlschlag hat er sich geleistet. Und die Jungs hatten auf der Runde noch Spaß miteinander, haben sich locker unterhalten. Am letzten Tag an der 15 hat er den Arm um meine Schultern gelegt und scherzhaft gefragt: Mama, hauen wir noch ein Birdie raus, oder?“
Ganz klar: Stephan Jäger war im Flow, alles passte perfekt zusammen. Abzusehen war das eigentlich nicht. Mehrfach hat Stephan bei den Turnieren davor am letzten Turniertag doch wieder eine Top-Ten-Platzierung verspielt oder gar den Cut verpasst. Angst vor dem Sieg? „Unsinn“, sagt Sophie Jäger. „Wer Golf spielt, der weiß: Es gibt im Golf eben unterschiedliche Phasen. Den Cut nicht zu schaffen, gehört einfach dazu. Stephan weiß, dass er gut Golf spielen kann. Eigentlich ist er ein genialer Putter. Gerade die kurzen Schläge und Putts wiederholen diese Jungs auf der Tour 100-fach.“
Gratulation von Arnold Palmer
Wie hoch ist der Anteil von Coach Ken Williams, Head Pro im Golfclub München Eichenried? „Sehr groß. Stephan hat ja in den USA keinen Trainer. Er macht alles mit Ken. Sobald eine Kleinigkeit nicht stimmt, werden Videos hin- und hergeschickt. Ken hat ihn natürlich auch sofort angerufen nach seinem Sieg. Aber auch Alex Cejka, Arnold Palmer und viele andere haben ihm geschrieben.“ Erst seit vier Wochen hat Stephan Jäger übrigens einen festen Caddie, Aaron. Und jetzt, mit dem Preisgeld von 108.000 Dollar, kann er sich endlich auch ein neues Auto leisten. „Sein Auto, das er seit zehn Jahren fährt, hat 200.000 Kilometer drauf und fällt schon auseinander. Er ist ja ein Sparhansel und hat immer gesagt: Die Reparatur kann ich mir erst leisten, wenn ich ein Turnier gewinne.“ Nun kann er sich nicht nur die Reparatur leisten… Und wie geht`s jetzt weiter mit der neuen Nummer 20 der Web.com-Tour-Geldrangliste? „Es stehen noch vier Turniere an. Ich hoffe, er etabliert sich unter den Top Ten. Der Sprung auf die PGA-Tour wäre mehr als ich vorher erhofft habe.“ Wir drücken unserem Eichenrieder US-Star die Daumen!
Text und Fotos: Heidi Rauch