Viele Sportler haben ihre ganz eigenen Jubelposen. Die Sportspsychologin Anett Szigeti blickt dhinter die Psychologie des Jubelns.
Eigenmotivation und Verunsicherung des Gegners
„Mit dem Jubel zeigt ein Sportler natürlich, wie sehr er sich über seine Leistung oder die seiner Mannschaft freut. Oft dient der Jubel auch der Eigenmotivation“, sagt Sportspsychologin Anett Szigeti. „Doch er sendet damit auch Signale an die Zuschauer und Gegner. Mag der Zuschauer den Sportler, möchte er die Freude mit ihm teilen und signalisiert dies ebenfalls mit stürmischem Jubel.“ Diese positive Energie findet allerdings nur in Maßen ihren Weg auf den Platz: „Der Einfluss der Fans auf den Sportler ist nachgewiesener Weise gar nicht so groß, wie man häufig denkt“, so Szigeti. Der Einfluss des Jubels auf Mitspieler und Gegner ist hingegen nicht zu unterschätzen: „Hier kann das Jubeln ganz unterschiedliche Emotionen auslösen. Der Gegner kann beispielsweise abgelenkt werden. Es ist sogar möglich, einen Gegner so zu verunsichern, dass er aus dem Spielfluss kommt und verliert. Doch wer so etwas bewusst provoziert, macht sich in der Sportwelt keine Freunde.“ Diesen Standpunkt kann auch
Sportart und Persönlichkeit bestimmen die Jubelposen
Oft ist die Freude über den Erfolg eine Gratwanderung zwischen positivem und arrogantem Jubel: „Natürlich kann ein Sportler versuchen, für sich alleine und im Stillen zu jubeln – ohne die anderen zu beeinträchtigen. Da das Jubeln aber meist ein eruptiver emotionaler Ausbruch ist, der spontan als unmittelbare Reaktion auf ein freudiges Ereignis erfolgt, fällt es vielen Sportlern schwer, sich zu kontrollieren“, erklärt Szigeti. Doch natürlich hat jede Sportart ihren eigenen Verhaltenskodex. Ein Golfplatz ist eben kein Fußballplatz. Und ein Salto á la Miroslav Klose oder ein King Kong-Gehabe wie bei Thomas Müller wäre auf dem Grün eine unangebrachte Verhaltensweise. Hier freut man sich bescheidener, wie es Martin Kaymer bei den US Open unter Beweis gestellt hat.
Gesten als Markenzeichen eines Sportlers
Doch nicht nur die Sportart bestimmt die Art und Intensität des Jubelns: „Denn das Jubeln, als nonverbale Kommunikation, ist ein Teil der Persönlichkeit eines Sportlers“, erklärt die Psychologin. Der brüllende Thomas Müller ist in seinem Jubel ebenso charakteristisch wie der zurückhaltende Martin Kaymer. „Viele Sportler machen sich gern eine bestimmte Geste zu eigen und verschaffen sich damit ein unverwechselbares Markenzeichen – die Becker-Faust gehört genauso dazu wie der Salto von Miroslav Klose“, so Szigeti. Mit den immer gleichen Gesten signalisieren die Sportler nicht nur eine gewisse Konstanz ihrer Stärke, sondern senden unterschwellige Botschaften aus: „Nach oben gerichtete Hände zeugen von Unverletzlichkeit und Stärke, eine Faust soll eher Aggressivität und Kraft symbolisieren. Beides ist beispielsweise bei der ehemaligen Speerwerferin Steffi Nerius, letzteres bei Thomas Müller und Handballer Sven-Sören Christophersen zu beobachten“, erklärt Anett Szigeti.
Der Wechsel aufs Grün sorgt für angepasstes Verhalten
Doch wie sieht es aus, wenn die Profisportler das Revier wechseln? „Mit Sicherheit passen sich auch extrovertierte Persönlichkeiten dem entsprechenden Rahmen und jeweiligem Verhaltenskodex ein Stück weit an. Die ruhige, entspannte Atmosphäre auf dem Golfplatz verleitet nicht unbedingt dazu, sich mit Anlauf auf die Knie zu werfen und mit gerecktem Arm ein paar Meter zu schlittern. Auch ein Tanz um die Fahnenstange ist eher unwahrscheinlich“, schmunzelt Szigeti. „Große, starke und laute Posen sind hier auch gar nicht hilfreich, da jeder Spieler gegen sich selbst kämpft. Ein Golfer könnte sich mit so einer Jubelpose auch völlig aus der Konzentrationsphase bringen.“