Kürzlich kehrte ich von einem meiner zahlreichen Schottlandbesuche zurück.
Golffreunden, die mich dabei begleiteten, durfte ich dabei mehr zeigen als man üblicherweise von Schottland kennt.
Für Golfer ist doch der Royal St. Andrews Golfclub und die Stadt St.Andrews, der Inbegriff des Golfsports schlechthin. Natürlich sitzt dort die oberste Europäische Regelkommission und es finden da auch in regelmäßigen Abständen die berühmten British Open statt.
Doch wie sagte mir letzthin ein sehr vornehmer Schotte, im altehrwürdigen North Berwick:
St. Andrews ist nur eine Erfahrung, ein riesiges Geschäft, aber mit dem traditionellem Golfleben in Schottland hat es wenig zu tun.
Heute ist es möglich, über Reiseveranstalter All-Inklusive St. Andrews, Royal Troon, Turnberry, Ladybank usw. buchen und irgendwann sollte ein interessierter Golfer diese Plätze auch spielen.
Denn man kann zwar noch so viele Sterne in den Hotels anbringen oder noch so viele berühmte Golfarchitekten (meist firmieren bekannte Golfstars als Designer), bei der Errichtung der Golfanlagen verpflichten eines kann man nicht kaufen den Flair, den Geist und die Geschichte.
Dies alles findet man nur in Anlagen, die vor 1900 gegründet wurden, als bei uns kaum einer wusste, wie man Golf schreibt. Erst Mitte der 1980er Jahre wurde im deutschsprachigen Raum der Golfsport etwas populärer, doch der Höhepunkt der letzten Jahre ist bereits schon wieder überschritten.
Mag sein, dass für viele Golfer, die bereits einige Jahre diesen Sport betreiben, das Nonplusultra ein Golfurlaub im Süden Europas oder Florida ist. Vielleicht hat man sogar die besagte Schottland Tour – einmal St.Andrews und zurück – auch schon hinter sich gebracht. Es bleibt für mich aber immer noch die Frage, hat man auch den Spirit des Spiels aus Schottland mitgenommen?
Dazu bedarf es mehr: Man muss die ehrlichen, alten Clubs wie North Berwick, Rosemount, Boat of Garden, Nairn, Murray, u.a. besuchen. Wer kann mit den Namen der ersten Golfpros und späteren Golfplatzdesigner wie Dr.McKenzie, James Braid, Young and Old Tom Morris etwas anfangen?
Von Schottland aus ging dann der Weg in die Neue Welt, eben zum Teil durch die oben erwähnten ersten Golfpioniere, die diesen Spirit dorthin trugen und auch dort Plätze wie Pinehurst No.2 bauten. In den USA war dann der erste Siegeszug des Golfes nach dem 1. Weltkrieg zu verzeichnen, als Plätze wie Augusta entstanden und Namen wie Ben Hogan, Bobby Jones, Henry Vardon das Spiel prägten.
Nach dem 2. Weltkrieg war neben Sam Snead vor allem Arnold Palmer der Begründer des heutigen Golfsports. Auch ich darf mich zu der vielgerühmten Arnie`s Army zählen.
Jack Nicklaus, bis heute der Golfer des Jahrhunderts, der Arnie als Nummer Eins ablöste, Gary Player, Tom Watson, Bernhard Gallacher, Tom Weiskopf, diese Namen sind in USA, England und Schottland so bekannt, wie bei uns die Namen von Fussballspielern oder Skifahrern vergangener Zeiten.
Diese Wurzeln und Verbundenheit zum Golfsport sind bei uns nur einer Minderheit zugänglich, da die meisten eben erst seit zehn, zwölf Jahren spielen. Wahrscheinlich kennt man noch Nick Faldo oder Greg Norman, in Deutschland natürlich Bernhard Langer. Doch die wenigsten wissen, dass der kürzlich verstorbene Seve Ballesteros, Anfang der 1970er Jahre der erste Kontinentaleuropäer war, der ein Major gewinnen konnte und als Erster in die bis dahin ausschließliche Domäne der Briten, Schotten, Australier einbrechen konnte.
Golf steckte damals bei uns noch mehr in den Kinderschuhen als heute. Wenn Sie also den Spirit of the Game wirklich kennenlernen wollen, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als die altehrwürdigen Clubs in Schottland aufzusuchen. Es braucht Sie nicht zu wundern, wenn Sie im Gespräch feststellen, dass der Kellners Handicap 0 hat. Dies ist dort genauso normal, als wenn am Arlberg der Ober perfekt Wedeln kann.
Unverständnis hersrscht auch in Schottland über die bei uns übliche Jagd nach irgendeinem Handicap mit einer Stelle hinterm Komma. Dies erregte nur ein Kopfschütteln bei meinen schottischen Pro-Kollegen im Royal Burgess Club, als mein Sohn sein Hc mit der Kommastelle bekannt gab.
Die einfache Gegenfrage war: Seid ihr sicher ihr spielt Golf?
Golf, so wie es der Spirit of the Game sein sollte- nach den Vorstellung der alten Schotten – ist mehr als nur ein Spiel. Es ist auch die Art und Weise wie man lebt.
Golf richtig gelebt, verändert auch Euer Leben.
Deshalb: Besucht einmal das echte Schottland!
Herzlichst
Euer Heinz Schmidbauer