Der Winter hat Deutschland seit November fest im Griff. An Golfen ist nicht zu denken, alle Golfplätze bei uns sind schon seit Monaten geschlossen.
Also nehmen wir eine kurze Auszeit und fahren mal wieder nach Italien, genauer gesagt, ins Piemont. Das Wetter soll auch nicht richtig warm werden, aber wenigstens sonnig und trocken. Gegen die Kälte gibt es ja schließlich auch genügend Klamotten…
Wir passieren den Gotthardtunnel und schon lacht die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Allerdings türmen sich hier noch gewaltige Schneeberge rechts und links der Straße. Das wird noch eine Weile dauern, bis die weg sind und vielleicht gibt es ja noch Nachschub, es ist ja erst Mitte Februar!
Um Mailand herum der übliche dichte Verkehr, aber schon 20 km südlich, in der Poebene zwischen Reisfeldern, liegt unser erstes Ziel: der Golfclub Ambrosiano (Par 72, 6047 m von Gelb). Man muss mit dem Auto erst einmal den Golfplatz komplett umrunden, ehe man auf den großen Parkplatz gelangt. Es ist ganz schön viel los, aber wir bekommen problemlos eine Startzeit. Endlich wieder Golf! Wir bauen schnell die Trolleys auf und los geht’s. Hier muss es aber auch geregnet haben, denn die Fairways sind ganz schön nass. Überhaupt lässt der Pflegezustand zu wünschen übrig. Die Grüns sind ok, die Fairways so la la, aber die Abschläge sind eine Katastrophe. Trotzdem wollen wir nicht meckern, wir sind ja froh, dass wir überhaupt die Schläger schwingen können. 10 Seen machen den Platz abwechslungsreich, die Grüns sind durch Bunker geschützt und breite Fairways verzeihen so manchen verzogenen Schlag. Die ersten 9 Löcher sind etwas einfacher zu spielen, auf den restlichen Bahnen wird taktisches Spiel gefordert. Trotz des Pflegezustandes ein gelungener Auftakt, zumal die Sonne vom wolkenlosen Himmel lacht.
Wir wollen nicht die Autobahn zu unserem nächsten Ziel nehmen, sondern „über Land“ fahren. Allerdings entpuppt sich das als ziemlich trostlose Angelegenheit. Zuerst endlose Industrieansiedlungen (wir befinden uns ja noch im Dunstkreis Mailands), die dann in landwirtschaftliche Flächen übergehen. Schön wird es erst ab Casale Montferrato. Die Stadt ist mit 39 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt in der Provinz Alessandria. Die Gegend von hier bis Asti, das Montferrato, ähnelt der Toskana. Auf jedem Hügel eine Kirche, eine Burg, ein pittoreskes Dorf, Kastanienwälder, Haselnusssträucher und Weinfelder. Kommt doch von hier der Barbera del Montferrato, ein gehaltvoller Rotwein.
Das Land am Fuße der Berge
Jetzt sind wir im mittendrin im Piemont. Die nordwestliche Region grenzt an Frankreich und die Schweiz. Wie der Name selbst sagt, ist es ein Land am Fuße der Berge. An drei Seiten wird es von der Alpenkette begrenzt, die gerade hier die höchsten Gipfel und Gletscher Italiens aufweist
Das berühmteste Produkt der Region ist ein Fake. Die in Alkohol und Schokolade versiegelte Kirsche kommt nicht aus dem Piemont, eine Piemont-Kirsche gibt es schlichtweg gar nicht! Nach dieser schockierenden Nachricht verzaubert das Piemont seine Besucher aber schnell mit seinen Gerüchen, Geschmäckern, Landschaften und natürlich auch Golfplätzen.
Hier sind die Berge nicht höher als 750 m. An den Hängen wachsen die Reben für die drei Rotweine Barolo, Barbera und Barberesco, der weiße Gavi und natürlich des Asti-Schaumweines. Auch der Martini, den James Bond so gerne schlürft, ist von hier. Weitere Spezialitäten sind Nutella und Grissini, die dünnen Brotstangen.
Asti ist unser nächstes Ziel. Die Stadt ist ein wichtiges Zentrum der Industrie, des Handels, der Weinproduktion und der Trüffel.
Wir parken auf den großen Platz „Campo del Polio“. Achten Sie aber auf die Schilder: Es gibt kostenpflichtige (blaue Markierungen auf dem Boden), kostenfreie (weiße Markierungen), Kurzzeitzonen und markierte Flächen für den Markt, der zweimal die Woche stattfindet. Von hier aus ist man schnell im historischen Stadtzentrum aus dem Mittelalter mit den Überresten zahlreicher Türme und Gebäude, viele Kirchen, verwinkelten Straßen und einer schönen Markthalle.
Nach 10 km Fahrt erreichen wir unseren ersten Golfplatz im Piemont, den Golfclub Feudo di Asti (Par 70, 5141 m von Gelb). Als wir die Einfahrt passieren, bleibt uns der Mund offen stehen: Der Golfplatz gleicht fast einem natürlichen Amphitheater und solch hohe Berge hatten wir gar nicht erwartet. Der spontane Wunsch nach einem Cart wird unterdrückt und wir vertrauen unseren Wadenmuskeln. Wir parken auf dem Gästeparkplatz (hospiti), der ganz schön schräg ist. Der für Mitglieder (soci) dagegen, ist schön eben und asphaltiert. Netter Empfang im Sekretariat, das Greefee kostet 35 € pro Person. Die ersten 9 Löcher sind im Tal und gruppiert um das Herrenhaus und die Feriendomizile. Hier kommt man gut ohne Cart aus. Die Kraxelei beginnt bei den zweiten 9 Löchern auf dem Hügel. Dafür wird man mit spektakulären Aussichten, besonders von den Löchern 11 und 17, belohnt. Die 16 ist ein besonders schwieriges Par 3 mit einem Grün hoch oben und einer gemeinen Ausgrenze links. Der gesamte Platz ist gut gepflegt und sehr abwechslungsreich. Wer Bergplätze liebt, wird diesen genießen.
Wir trinken noch einen Kaffee im Restaurant und fahren dann 52 km zum nächsten Ziel, dem Golfclub Girasoli (Par 71, 5760 m von Gelb). Der Platz liegt zwischen Turin und Alba und windet sich durch eine leicht gewellte Naturlandschaft mit zahlreichen Pinien-und Pappelwäldchen. Leider regnet es morgens und es ist neblig, so haben wir keine Sicht auf die verschneiten Alpen. Schade! Wir warten bis mittags, das Nass von oben hört auf, aber es bleibt dunstig. Nach Bezahlen unseres Greenfees (45 € pro Person am Wochenende!) erleben wir dann einen abwechslungsreichen Platz mit guten Grüns, breiten Fairways und viel Abwechslung. Er ist gut zu Fuß zu gehen, obwohl die Wege zwischen den Löchern manchmal lang sind.
Abends essen wir im angeschlossenen, sehr gemütlichen Ristorante „La Fattoria“. Das Essen schmeckt richtig gut, vorweg gibt es einen Prosecco vom Chef. Dazu trinken wir den Hauswein „Barbera d’Alba“, der wunderbar und sensationell günstig ist.
Der nächste Golfclub ist mondäner: Riesiger Parkplatz, beeindruckendes Clubhaus mit toller Terrasse und 36 Löchern. Wir spielen den gelben Kurs im Golfclub Margara (Par 72, 6176 m von Gelb). Auf dem nebenan liegenden roten Kurs findet zeitgleich ein Turnier statt. Dieser entstand in den 70-er Jahren nach US-Kriterien mit breiten spektakulären Fairways. Der neue gelbe Parcours ist im modernen, eher technischem Stil gebaut mit vielen Bunkern. Er ist hügelig und folgt den Konturen der Montferrato-Berge. Aber auch hier breite, lange Fairways, die von ausgewachsenen Wäldern umgeben sind. Alles in einem super Zustand. Die ersten neun Bahnen sind eher offen, während auf den zweiten 9 Löchern dann mehr Wasser und Schräglagen ins Spiel kommen.
Jetzt steht wieder etwas Kultur an: Novi Ligure, die Stadt zwischen dem südlichen Montferrato und den Ausläufern der Genueser Apenninen diente einst reichen Genuesern als Wochenendresidenz und Sommerfrische. Im Stadtzentrum sind daher auch zahlreiche Paläste reicher Adelsfamilien zu bewundern. Bekannte Schokoladenmarken werden hier hergestellt.
Weiter geht‘s nach Capriata d’Orba. Eigentlich wollten wir ins bekannte Restaurant „Il Moro“. Leider hat es heute zu und so landen wir im „La Corte dei Grilli“. Zum ersten Mal essen wir die leckeren, piemontesischen Teigtäschchen „Agnolotti“, die mit geschmortem Fleisch gefüllt sind und mit einer leckeren Sauce serviert werden.
Am nächsten Morgen ist es nicht weit zum Golfclub Villa Carolina (Par 72, 6161 m von Gelb) mit 36 Löchern. Eine schöne Allee führt zum Parkplatz und dem sehenswerten Clubhaus. Professioneller Empfang und gutes Preis-Leistungsverhältnis. Wir spielen den Kurs „Marchesa“. Der Platz ist flach, weitläufig, in einem riesigen Park mit schönen Ausblicken. Die Bahnen sind lang, abwechslungsreich und gut durchdacht, ein klassischer Parklandcourse und für alle Spielstärken ein Erlebnis. Der Fluss Albedosa, der öfters die Fairways kreuzt, fordert taktisches Spiel. Die Grüns sind für diese Jahreszeit sehr gut. Tückisch ist die 8, ein Par 5, dessen Bahn rund um den See führt. Das Grün auf der anderen Seite ist weiter als man glaubt!
Leider hat das dazugehörige Restaurant heute zu. Von dem Essen dort haben wir schon viel Gutes gehört.
Zum nächsten Golfclub, dem Golfclub Colline del Gavi (Par 73, 6100 m von Gelb) sind es nur 10 Kilometer. Gavi ist berühmt für seinen Weißwein, den Cortese di Gavi DOCG. Als weithin sichtbares Zeichen sieht man das Castel aus dem 10. Jahrhundert von Friedrich Barbarossa. Das Clubhaus des Golfclubs wird gerade umgebaut. Der Empfang ist extrem nett und man bekommt auch gleich ein kostenloses Birdiebuch in die Hand gedrückt, eine wertvolle Hilfe auf dem Platz. Das hier ist eine sportliche Anlage. Die Fairways schlängeln sich durch Wälder und Hügel, kleine Flüsse und Seen bilden natürliche Wasserhindernisse. Die Grüns sind super. Wir spielen an einem Montag und sind vollkommen allein auf dem Platz. An 14 von 18 Löchern kommt Wasser ins Spiel, dazu kommen noch Höhenunterschiede. Puuh! Loch 6 erfordert einen langen Abschlag über den Teich und Loch 7 ein taktisches Spiel, da ein Bach gleich zweimal das Fairway kreuzt. Vor dem Grün der 9 fließt wieder der Bach und hinter dem Grün lauert gleich ein Bunker. Alles in allem hat uns der Platz sehr gut gefallen. Nach dem Spiel trinken wir dann natürlich im Clubhaus den berühmten Weißwein und freuen uns auch über die „Begleithappen“ in Form von verschiedenen salzigen Gebäckstücken aus Hefeteig.
Wir verabschieden uns aus dem Piemont und fahren auf der Autobahn Richtung Norden. Schnell ist der Gotthard passiert und der Winter erwartet uns wieder. Das war eine tolle Woche: eine reizvolle Landschaft und schöne Golfplätze. Irgendwann wird es bei uns ja auch Frühling werden …