In Mitteleuropa geht die Golfsaison zu Ende. Viele Golfer und Golfpros bereiten nun die Golfreisen vor, um die witterungsbedingt golflose mitteleuropäische Zeit zu überbrücken. Bleibt die spannende Frage: wo soll es hingehen?
Die politischen Probleme und die damit verbundenen Risiken kann man meines Erachtens nicht so einfach bei der Wahl der Golfdestination beiseiteschieben, oder?
Natürlich lässt sich alles ignorieren und man kann in einer Scheinwelt für eine Woche untertauchen, die Golfhotels und Plätze, auch in den entferntesten Winkel des Planeten ähneln sich ab einem gewissen Level mehr oder weniger.
Schließlich hat man sich ja seinen Urlaub verdient und man möchte nun mehr oder weniger exklusiv ausspannen und ohne Probleme nur der weißen Kugel nachjagen.
Die Gewissensfrage
Wäre da vielleicht nicht im Hintergrund zumindest ein wenig das Gewissen? Muss man in ein Land fliegen, in dem Populisten regieren, die alle Grundsätze der Demokratie missachten? Ist ein Urlaubsland, das unter terroristischen Gefahren leidet, wirklich ein ideales Golfreiseziel? Unterstütze ich mit meinen Euros auch die Bestrebungen einzelner Staaten, die zurück ins 18. Jahrhundert der Kleinstaaten wollen, die sich aus der Europäischen Gemeinschaft ausgrenzen, abschotten, aber trotzdem die Vorteile dieser genießen wollen?
Zugegeben, die Golfziele werden weniger, wenn ich Länder meide, wo Populisten oder gar Terroristen das Sagen haben.
Sie werden die Frage stellen, was das alles mit Golf zu tun hat. Warum schreibt hier einer über Politik anstelle von Golf. Ganz einfach: seit ich Denken kann, sind Sport und Politik untrennbar verbunden. Bereits als junger Sportlehrer hatte ich ein Engagement als Trainer für ein Land bei den Olympischen Spielen in München 1972 und erlebte das damalige Attentat mit, welches die heile Sportwelt zerstörte.
Vieles, was in der heutigen Gesellschaft als Selbstverständlichkeit gilt, beispielsweise freies Reisen zu Preisen, die sich fast jeder leisten kann, war noch vor 30 – 40 Jahren unvorstellbar. Das stundenlange Warten an den Grenzen am Wochenende für einen kurzen Skiausflug ins Nachbarland, das ständige Wechseln der diversen Währungen, die kaum übliche Benutzung von Kreditkarten, nur zwei TV-Programme, Smartphones, Internet für alle, dies alles muss aus heutiger Sicht Jahrhunderte zurückliegen.
Warum sind dann heute so viele Menschen hier in Europa so unzufrieden? Berufen sie sich dabei auf die gute alte Zeit, die sie kaum kennen oder verklären. Warum werden populistische Parteien gewählt, die vorgeben, wir sind das Volk, wir sind gegen die da oben, die nur Angst verbreiten und Grenzen schließen wollen, selbst aber die Vorteile der freien Welt in Anspruch nehmen.
Erkenntnis auf dem Golfplatz
Meine Antwort darauf: Mein alter Lehrmeister Arnold Palmer sagte einmal, spiele eine Runde Golf mit jemand, egal welcher Nationalität und Rasse und ich sage Dir wer er ist und ob ich dann mit diesem Menschen auch nur eine Tasse Cafe trinken möchte, im Anschluss an die Runde. Dabei erinnere ich mich an eine Runde vor Jahren, die ich mitten im tiefsten Texas mit Einheimischen spielen musste, deren einziges Credo auf der Runde eine Hasstirade auf den damaligen US-Präsidenten Clinton war. Es gab meinerseits dann keine gemeinsame Tasse Cafe.
In keinem anderen Sport haben Sie innerhalb von 4 bis 5 Stunden die Möglichkeit, fremde Menschen so schnell kennenzulernen, als beim Golfen. Hier können sie über deren Einstellung nachdenken.
Will ich also in eine Golfdestination reisen, bei der man mit diesen Problemen konfrontiert wird?
Es ist dies auch die Frage, wieweit bin ich bereit mich zu verkaufen. Ist eine kritiklose Lobeshymne gewisser Pros auf den derzeitigen US-Präsidenten zu akzeptieren, wie geschehen? Wenn man über dessen Geschäftspraktiken bei der Errichtung einiger seiner diversen Golfanlagen nachdenkt bin ich da anderer Meinung. Nur wegen einer Superanlage, die vielleicht besonders preiswert ist, gibt es wirklich die Bereitschaft dafür, alles Weitere zu ignorieren?
Muss man in Ländern, die ausländerfeindlich sind, seinen Golfurlaub planen, nur weil es dort vielleicht äußerst günstig ist, wie die Türkei oder Länder, die sich abschotten wollen, wie die USA oder sogar das United Kingdom mit ihrem Brexit?
Wenn Seperatisten in Katalonien, aus egoistischen Gründen einen Rückfall ins 18. Jahrhundert der Kleinstaaten fordern, aber trotzdem in den Genuss aller Vorteile einer offenen europäischen Gesellschaft kommen wollen, muss ich mich fragen, ob man dort den Golfurlaub verbringen möchte?
Es fehlen heute auch Spitzensportler als Vorbilder vom Schlage eines Muhammed Ali, der aus Protest gegen den Vietnamkrieg lieber seinen WM-Titel opferte und zeigte, dass Sportler nicht nur hirnlos rumlaufende Muskelpakte sind und nichts anderes im Kopf als den kleinen weißen Ball haben.
Sport und Politik
Sport und Politik sind untrennbar verbunden. Anderslautende Meinungen gehören ins Märchenland.
Die Kommerzialisierung des Sports ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass Staaten bereit sind auf zustehende Steuern zu verzichten, nur um den Rydercup (Frankreich) zu bekommen.
Mit den äußerst günstigen Flugreisen ist es heute möglich, in noch so exotischen Ländern eine Golfwoche zu Preisen zu verbringen, für die man bei uns nicht einmal ein Wochenende bekommt. Vorrangig zu Lasten des örtlichen, geringst besoldetem Personals.
Auch sei die Frage erlaubt, ob eine Driving Range auf den Malediven, bei deren Wassermangel notwendig ist? Was passiert in diesen Ländern, wenn ich an eines dieser künstlichen Golfresorts in Afrika oder Asien denke, wo Frauen sich sogar schwanger als Caddies verdingen, um dann von den Touristen ein paar Cent Trinkgeld zu erhalten. Man muss sich dann nicht wundern, wenn viele dieser Einheimischen die Meinung haben, die Gäste kommen aus Ländern, wo Milch und Honig fließen, da wollen sie auch hin.
Ich möchte nicht verheimlichen, dass ich in meiner früheren Tätigkeit für eine der weltweit führenden Golferrichtungsfirmen am Bau von Plätzen in den entlegensten Winkel der Erde dabei war.
Im Rückblick stelle ich mir aber auch die Frage über Nutzen und Zweck von Anlagen, die beispielsweise in den Alpen auf 1500 m Höhe für eine Saison von knapp 2 Monaten errichtet wurden.
Ohne Frage ist der Bau einer Golfanlage nämlich ein großer Eingriff in die Natur. Wie sagte doch Gary Player: „Einen wirklich guten Golfplatz erkennt man daran, wenn man erst auf den zweiten Blick den Eingriff in die Natur erkennt.“ Leider ist dies sehr selten der Fall.
Sogar auf einer Insel in der Südsee, 20 ml so groß wie ein Fußballfeld, „Aitutaki“ genannt, führte mich in der Vergangenheit mein Golfweg, um dort an einem Turnier teilzunehmen. Aus heutiger Sicht im Rückblick, verschließt sich mir der Sinn nach so einer Anlage auf dem einsamen Eiland.
Wo also soll man heute seinen Wintergolfurlaub verbringen?
In diesen Zeiten, wäre doch ein Rückgriff auf bewährte Länder wie Portugal, Spanien, Italien, Kärnten usw. nicht die schlechteste Idee. Je exotischer das Ziel, umso mehr gilt die Frage: muss dies wirklich sein? Klar, auch in den oben genannten Ländern, so wie bei uns, wurden in den Golfboomjahren der 1990er-Zeit viele, viele Bausünden begangen. Aber glauben Sie mir, das Potential in diesen europäischen Ländern noch versteckte Golfschätze zu entdecken ist sehr groß.
Es liegt mir fern als Moralapostel aufzutreten, das soziale Spannungsfeld, dass ich bei vielen Golfneubauten erlebt hatte, die Argumente das Für und Wider einer Golfanlage, sprich Umwelt, sieht man mit etwas Abstand gelassener und mit anderen Augen.
Was empfindet man, wenn man die wunderschöne Lagunenstadt Venedig besucht, die aber umsäumt, ist von schwimmenden, riesigen Hotelschiffen, die den Himmel mit schwarzem Dieselruß verfärben, so dass man die Stadt kaum noch wahrnimmt, wenn dann aus den Bäuchen der Schiffe Menschenmassen zur Rialtobrücke getrieben werden?
Dass gerade am Lido in Venedig einer der reizvollsten 18 Lochplätze in Oberitalien liegt, der es wert ist, gespielt zu werden, wem ist dies bekannt?
Viele Ziele die auch in den Wintermonaten oftmals schöne Golfrunden erlauben, liegen direkt vor der europäischen Haustür, im englischen Sprachgebrauch gerne als „hidden gems“ bezeichnet.
Mag dieser Artikel bei vielen Touristikern und Verkäufern von bunten exotischen Golffernzielen auf große Kritik stoßen, allein wenn einige Leser dieser Kolumne nur ein paar Anregungen bei der Auswahl Ihrer Wintergolfdestination übernehmen, würde es mich freuen.
Allen Golfern/innen wünsche ich einen schönen Golfwinterurlaub.
Ihr
1 Kommentar
Hallo Herr Schmidbauer,
Sie sprechen uns aus der Seele! Auch wir weigern uns per Flugzeug Golfziele anzusteuern und nehmen nur die, die per Auto zu erreichen sind. Fazit: Wir vermissen nichts! Es gibt auch die Möglichkeit in Italien oder Südfrankreich auf gut gepflegten Plätzen dem Winter zu entfliehen.
Viele Grüße
Birgit und Peter Grimm