Das Traumziel der Deutschen nach Kriegsende hieß Italien: Sonne statt Regen, Dolce Vita statt Maloche. Etliche Bundesbürger brachen in den 1960er Jahren auf in den Süden, hinter ihnen der Alltag, vor ihnen der Brenner und danach das gelobte Land. Der gut erreichbare Gardasee wurde für viele zur zweiten Heimat.
Man gewöhnte sich an die komischen, dünnen Nudeln, die zu Anfangszeiten noch mit der Schere abgeschnitten wurden, um ihrer Herr zu werden. Man aß zum ersten Mal grünes Pistazieneis, Oliven, Pizza und viele Köstlichkeiten mehr. Die Liebe zum Gardasee blieb bis heute. Oftmals verbringt inzwischen die dritte Generation ihre Ferien am größten See Italiens, der zwischen den Alpen im Norden und der Poebene im Süden, unweit der hübschen Städte Brescia, Verona und Rovereto liegt.
Der Gardasee verkörpert für uns Nordlichter den Beginn des Südens und dementsprechend beliebt ist der „Lago“. Zu Stoßzeiten wie Ostern, Pfingsten, im Sommer und sogar an Silvester drängen sich Menschenmassen durch die Hotspots und frühzeitiges Buchen ist angeraten. Besonders für die Bayern liegt der Gardasee ja praktisch „vor der Haustür“ und lohnt sogar für ein Wochenendbesuch. Der See ist ein Mekka für Windsurfer, Kiter, Segler, Mountainbiker und Golfer, kurzum der perfekte Ort für Outdoorsportler in Italien.
Das mediterrane Klima mit Gehölzen wie Zypressen, Oleander, Zedern, Olivenbäumen, Palmen, Zitronen und Orangen machen sogar ein Besuch im Winter möglich. Wir haben schon zum Jahreswechsel im Pullover Golf gespielt, während die Alpen tief verschneit waren.
Innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich die Region um den südlichen Gardasee zu einem wahren Golfzentrum gemausert. Waren es vor Jahren noch die Surfer, die vor allem im Norden den See stark frequentierten, so bietet jetzt die Landschaft im Süden mit ihren sanften, malerischen Hügeln, grünen Weinbergen und Olivenhainen Golf vom Allerfeinsten an.
Gardagolf (6055 m von Gelb)
Die 27 Löcher wurden in traumhafter Lage zu der Rocca di Manerba, dem Castello di Soiano und den Hügeln der Valtenesi angelegt und 1986 eröffnet. Der Championship-Course (Weiß/Rot) ist, vom Turnierabschlag gespielt, einer der längsten Plätze überhaupt und war schon 3 x Austragungsort der Italian Open. Er gehört als einziger Golfplatz am Gardasee zu den Leading Golf Couses, was für außerordentliche Qualität birgt.
Die Hauptkombination ist die des roten und weißen Platzes. Da hier aber viele Turniere angesagt sind, spielen Gäste auch oft den gelben Platz, der landschaftlich und spielerisch nicht zu unterschätzen ist.
Der anspruchsvollste Platz ist der rote Platz. Hier hat man schon vom Grün der ersten Bahn einen direkten Blick auf den Gardasee. Die doch schmalen Fairways sind rege bewegt mit teilweisen großen Höhenunterschieden und gehen entlang an Olivenbäumen, Jahrhunderte alten Eichen, Zypressen, lilafarbenen Lavendelsträuchern und bieten Ausblicke auf Schlösser, Villen und Kirchen.
Der gelbe Kurs ist nicht ganz so hügelig. Abwechslungsreiche Bahnen mit Wasser und Bunkern schlängeln sich durch die wellige und vielfältig bepflanzte Landschaft. Die vielen verschiedenen Grüntöne, die einem die vielen Baumarten bieten, sind beeindruckend und in der Luft liegt der Frühlingsduft von blühenden Robinien. Auf dem Monte Baldo in der Ferne blinkt oben auf dem Gipfel noch Schnee, während man unten im Tal in kurzen Hosen und strahlendem Sonnenschein seine Runde dreht.
Jedes Loch der beiden Schleifen ist technisch sehr anspruchsvoll und muss präzise und durchdacht gespielt werden.
Der weiße Kurs ist flach mit viel Wasser, ein Parklandcourse mit altem Baumbestand, Fehler verzeihend, aber doch anspruchsvoll.
Auf dem Heimatplatz von Matteo Manassero blühen an jedem Abschlag Rosen in der Farbe des Kurses (Weiß/Rot/Gelb). Die Grüns haben starke Neigungen, sind spurtreu und schnell, hüten Sie sich vor Bergab-Putts! Der Pflegezustand ist sehr gut und in der Nachsaison gibt es günstige Wintergreenfee-Preise. Unser Favorit am Gardasee!
Nur 5 km südwestlich liegt der
Golfclub Arzaga (Par 72, 5960 m von Gelb)
Ein großzügiges Palazzo-Cubhaus mit schöner Terrasse und das dazugehörige Hotel prägen den ersten Eindruck. Genau wie Gardagolf hat auch der Golfclub Arzaga 27 Löcher. 18 wurden von Jack Nicklaus II entworfen und 9 von Gary Player.
Jack Nicklaus gestaltete einen typischen „Hotelplatz“. Entspanntes Spiel steht an erster Stelle. Weitläufige Löcher mir ewig breiten Fairways, tiefe, strategisch platzierte Bunker und etwas Wasser machen es fast unmöglich, einen Ball zu verlieren. Für uns war es eine 18 Loch-Runde ohne größere Highlights. Es gibt Bahnen, die völlig identisch angelegt sind. Aber viele Golfer schätzen so ein Layout. Der Platz ist immer gut besucht und es gibt öfters Stauzeiten.
Besser gefallen haben uns die Löcher von Gary Player. Die Bahn 1 liegt in der Nähe des Clubhauses, dann gibt es einen längeren Weg, bis man das 2. Loch erreicht. Alle Bahnen, die folgen, sind enger gestaltet, mit tiefen Bunker und landschaftlich mehr Abwechslung. Einzig das Loch 9, ein Par 3, das man nach längerem Fußmarsch erreicht (weil wieder am Clubhaus), ist etwas erzwungen.
Obwohl die Aussicht von der Terrasse wirklich sehenswert ist, wäre es wünschenswert, wenn der Service schneller wäre. Wir haben lange auf unser Getränk warten müssen und die Preise sind gesalzen.
Da fahren wir doch lieber nach Sirmione. Das Städtchen mit der Skaliger Burg als Wahrzeichen liegt auf einer knapp 4 km langen, verkehrsberuhigten Halbinsel, die nur wenige hundert Meter breit ist und sich gut zu Fuß erkunden lässt. In der Hauptsaison allerdings schiebt man sich durch die malerischen engen Gässchen. Sehenswert ist das „Castello di Sirmione“. Von dort oben hat man eine wundervolle Aussicht über den See und die Altstadt. In Richtung Norden gibt es noch eine weitere Attraktion: Schwefelhaltige Quellen lockten schon zur Römerzeit Besucher an.
An der „Bar della Torre“ am Spiaggia del Prete können Sie wunderbar einen Aperitif direkt am Wasser genießen. Wir essen heute nur Pizza im Ristorante „Erica“, das vor dem Eingang zur Altstadt liegt.
Sollte Ihnen der Sinn nach klassischer Küche stehen, fahren Sie nach Rovizza in die Trattoria „Clementina“ (Piazza Rovizzi 13, Tel.: +39 30 919 66 63). Hier werden aus bodenständigen Zutaten traditionelle Speisen zubereitet. Der Inhaber Francesco schlägt ihnen kompetent und freundlich ein saisonales Menü vor. Natürlich sind Pasta und Süßspeisen hausgemacht und die Fische aus dem See spielen eine tragende Rolle. Auch die Weinkarte kann sich sehen lassen.
So gestärkt können Sie am nächsten Tag 8 km in südlicher Richtung den nächsten Golfplatz in Angriff nehmen, den
Golfclub Chervo San Vigilio (6282 m von Gelb, Kombination Gelb/Rot)
Drei 9-Loch-Schleifen, ein Kurzplatz und eine großzügige Drivingrange wurden von dem deutschen Golfplatzarchitekten Kurt Rossknecht perfekt in die sanften Hügel von Desenzano und Sirmione konzipiert. Der Platz ist der jüngste am Gardasee. Während der Golfrunde hat man Ausblicke auf die Türme San Martino und Solferino. Das Golfhotel wurde in der Kategorie als „bestes Golfhotel Italiens“ schon mehrfach ausgezeichnet und bietet alles, was das Herz begehrt: Spa, Wellnessbereich, Sport- und Tennisplätze, Fitnessraum etc.
Breite Fairways, wenige Bäume, kaum Rough und ein guter Pflegezustand locken viele Besucher an, hauptsächlich Deutsche und Österreicher. Das schwierigste Loch ist die 5 auf dem gelben Kurs, ein Par 3. Es ist nur 135 m lang, aber das Wasserhindernis reicht vom Abschlag bis zur Fahne. Auch die Bahn 4, ein Par 5 mit Dogleg, ist wässrig geraten. Die Bahn 9 des roten und gelben Kurses münden direkt vor der Clubhausterrasse in ein Doppelgrün.
Allerdings begegnet man Marshalls selten auf dem Platz, so dass Runden von 3 Stunden für 9 Loch öfters vorkommen. Trotz Startzeitenreservierung mussten wir am Abschlag des gelben Kurses 30 Minuten warten und hatten Glück, dass wir als 2. Schleife den weißen Kurs gebucht hatten. Dieser ist genauso schön, aber hier ist weniger Betrieb, so dass wir doch noch vor der Dunkelheit wieder am Auto waren.
Das war gut so, hatten wir doch für den Abend einen Tisch in der „Antica Locanda del Contrabbandiere“ in Pozzolengo, Ortsteil Martelosio di Sopra 1 (Tel.: +39 30 91 81 51) reserviert. Die Osteria liegt abseits der Straße in einem Gebäude des 15. Jahrhunderts. Mehrere kleine Räume mit schön gedeckten Tischen zaubern eine besondere Atmosphäre. Lorenzo Bonato, der Besitzer und Koch kann deutsch und erklärt gerne die Spezialitäten, die heute auf der Karte stehen. Ein Glas Prosecco, auf Kosten des Hauses, stimmen auf das folgende Menü ein. Alles wird frisch zubereitet und schmeckt wunderbar. Das haben wir uns heute auch verdient nach der langen Warterei!
Wieder nur eine kurze Fahrt und wir sind im
Golfclub Paradiso del Garda (Par 71, 5496 m von Gelb)
Wir parken auf dem riesigen Parkplatz, der, wie die Golfanlage auch, Teil eines Ferienkomplexes ist. Ein längerer Fußweg und wir stehen vor dem Clubhaus mit Sekretariat, Proshop und einer Bar, eher einfach und ohne Atmosphäre. Wir dürfen schnell noch vor einer Gruppe mit Anfänger starten, worüber wir im Nachhinein sehr froh sind. Es gibt nämlich keinen Marshall und auch hier sind 6 Stunden-Runden wohl in der Hauptsaison nicht die Ausnahme, wie uns später Mitspieler erzählen. Auf den ersten 9 Löchern stört doch der ununterbrochene Lärm der nahen Autobahn erheblich, auf den hinteren Löchern wird es besser. Die Fairways sind teilweise eng und fordern präzise Drives. Eine schlechte Beschilderung, viele Divots und Pitchmarken schmälern die Spielfreude. Die meisten Par 3- Löcher sind sich ähnlich. Bei Loch 14, 17 und 18 kommt Wasser ins Spiel. Kurzum, den Platz kann man spielen, andere schwärmen auch von ihm, wir geben ihm aber keine 2. Chance. Vielleicht hatten wir auch nur einen schlechten Tag?
Was macht man dagegen? Richtig: Gut Essen und Trinken!
Auf dem Weg zum nächsten Golfplatz kommen wir automatisch durch das idyllische Städtchen Vallegio sul Mincio mit dem Mühlendorf Borghetto. Falls Sie außer den Golfsachen auch noch das Fahrrad dabei haben, können Sie wunderbar von Peschiera del Garda den Fahrradweg entlang des türkisfarbenen Flusses Mincio durch eine liebliche Hügellandschaft bis nach Mantua unter die Pedale nehmen. Schon von Weitem sieht man die prächtige Skaliger-Burg aus dem 13.-14. Jahrhundert, die einen Spaziergang lohnt. Der romantische Ort ist bekannt für seine hervorragenden Restaurants, Weltruhm aber verdankt er allerdings einzig und allein seinen Tortellinis. Jedes Jahr am 3. Dienstag des Junis wird das „Festa del nodo d‘amore“ abgehalten, das Fest des Liebesknotens, wie man Tortellini auch gerne nennt. Das Ristorante „Alla Borsa“ (Via Goito2, Tel.: +39 04 5795 0093) ist eine Institution. Bei Nadia Pasquali isst man die besten Tortellini der Welt, von Hand hergestellt mit hauchdünnen Teig und kostbaren Füllungen (Ricotta und Kräuter, Kürbis, Fleisch etc.). Aber auch die Ente in Orangensoße danach war ein Gedicht.
Auf dem Nachhauseweg kaufen wir beim Pastificio Remelli noch auf verschiedene Art gefüllte Tortellini ein und in der Pasticceria Martini die hangeformte Variante aus Schokolade.
Wir fahren keine 10 km mehr durch die Weingärten der Custoza-Ebene bis zum
Golfclub le Vigne Villafranca (Par 70, 5227 m von Gelb)
Das Clubhaus ist in einem historischen Landhaus untergebracht. Hier kann man auch günstig in schönen Zimmern wohnen. Die Golf-Arrangements sind interessant und seit Neuestem gibt es sogar einen kleinen Pool.
Der Platz selber ist vorwiegend flach, auf den ersten Löcher rahmen hohe Pappeln die Fairways ein. Typisch für den Platz sind die ca. 1m breiten Wasserkanäle aus Beton, die einige Fairways als frontales Wasser kreuzen. Das Platzlayout ist hier und da etwas kompliziert. Manche Bahnen kreuzen sich. Loch 4 und 15 haben gemeinsam einen erhöhten Abschlag, allerdings ist beim ersten Mal nicht so klar erkennbar, wo man hinspielen muss. Die Grüns sind klein und schnell, die Platzpflege noch verbesserungswürdig. Aber gegenüber früher wurden Anstrengungen unternommen, die langsam Früchte tragen.
Die Atmosphäre ist familiär und nach der Runde schmeckt der Vino Frizzante aus den benachbarten Weingärten, der hier, wie bei uns das Bier, aus dem Zapfhahn kommt.
Der nächste und letzte Platz unserer Reise ist nicht weit entfernt. Der
Golfclub Verona (Par 72, 5785 m von Gelb)
liegt inmitten der Weinberge westlich von Verona mit hundertjährigem Baumbestand. Er wurde in den 1960er Jahren als 9 Loch Platz gegründet und 15 Jahre später auf 18 Löcher erweitert. Das Clubhaus bekam 2013 einen Preis als das schönste Clubhaus Italiens im Country Stil. Sehr netter, kompetenter Empfang. Man spricht sogar Deutsch und hinterher sollten sie sich das angegliederte Restaurant mit seiner ausgezeichneten Küche nicht entgehen lassen.
Den Platz zeichnet ein interessantes, abwechslungsreiches Layout aus, mit schönen Aussichten und in totaler Ruhe. Es ist ein perfekter Parklandkurs mit kleinen, ondulierten und gut geschützten Grüns. Die Frontnine hat schmälere, kürzere, gut eingewachsenen Bahnen, die Backnine dagegen sind weitläufiger, sehr lang mit oft erhobenen Greens.
Besonders in Erinnerung geblieben ist uns Loch 8, ein langes, schmales Par 4. Am Grün sollte man sich nach rechts orientieren, denn links lauern tiefe Bunker. Bei Loch 9, einem Par 3, muss man 150 m steil nach oben schlagen und braucht mindestens 2 Schläger mehr als normal. Loch 13 fordert die Puttkünste: Hier gibt es ein Grün mit 3 Ebenen und man muss die Fahnenposition genau beachten.
Leider war der Pflegezustand bei unserem Besuch nicht optimal. Der Sand in den Bunkern war steinhart, die Fairways gesandet und hatten einige kahle Stellen.
Die Region rund um den Gardasee lohnt also auf jeden Fall einen Besuch – egal zu welcher Jahreszeit. Fahren Sie hin, genießen Sie die tollen Golfplätze und das Dolce Vita. Sie werden es nicht bereuen. Arrivederci e a presto!