Das Match mit Monica Cosenza macht gleich zu Beginn die Kräfteverhältnisse klar. Die Managerin des edlen San Domenico Golf Clubs an der apulischen Adriaküste treibt ihren Ball am ersten Loch, einem schmalen Par 4 mit langen Wasserhindernissen links und rechts des Fairways, souverän jenseits der 200-Meter-Marke. Trotz ihrer sehr geringen Körpergröße. Es folgt eine perfekte Annäherung und ein beherzter Putt zum ersten Birdie: „Dabei habe ich seit vier Wochen kein einziges Mal gespielt.“ Es ist Hochsaison in Süditalien und Monica wird jetzt überall gebraucht. Auch während unserer 9-Loch-Runde wird sich ihr Mobiltelefon immer drängender bemerkbar machen.
Dabei hat der elegante Club direkt am Meer nur 40 Mitglieder. „Bei uns stehen die Gäste des Borgo Egnazia im Vordergrund.“ So heißt das extrem luxuriöse Hoteldorf gleich nebenan. In Deutschland bekannt wurde es durch ein paar prominente Hochzeiten: Manuel Neuer, Justin Timberlake – solche Leute eben. Zahlungskräftige Gäste (Übernachtungspreise in der Hauptsaison überwiegend im vierstelligen Bereich) schätzen hier den extremen Personalschlüssel von 700 Hotelangestellten bei maximal 500 Gästen und den lässigen Luxus. Im Kern präsentiert sich das Borgo wie ein typisches apulisches Dorf in hellen Tuffsteinfarben. Samt zur Abendstunde belebter Piazza, urigem Briefkasten, simpler Pizzeria, winziger (ungeweihter) „Kirche“ und niedriger Bauweise. Mehrere Pools, ein Spa der Extraklasse, ein bestens ausgestattetes Gym, eine Zigarrenlounge und ein Sternerestaurant sind aber selbstverständlich auch im Angebot.
Überall stehen Fahrräder für den relaxten Weg zum nahen Strand. Aber es geht auch mit pastellfarbenen offenen Vintage-Cars. Nur Golfequipment sieht man nirgendwo.
Dabei seien viele Gäste aktive Golfspieler, erzählt Monica. Eine genaue Prozentzahl weiß sie nicht, aber der Golfplatz gehört so selbstverständlich zum Freizeitangebot wie ein edler Beachclub (samt dem hervorragenden Fischrestaurant Cala Masciola) und das Spielezimmer mit Poolbilliard und Kartentischen. Manche Gäste scheinen indes in Etikette-Fragen noch nicht ganz sattelfest zu sein. Ein Vater und seine halbwüchsigen Töchter aus dem Tessin, lassen ihrem Frust und ihrer Freude akustisch maximal freien Lauf. Eine junge Italienerin wählt auf dem Weg zum Strand die Route über den Golfplatz, telefoniert dabei unablässig und lässt sich von den um Konzentration bemühten Golfern keinesfalls irritieren. Und vier gereiftere Teilnehmer eines kleinen Privatturniers auf dem Weg zu ihrem Kanonenstart-Tee nehmen keinerlei Rücksicht auf abschlagende Spieler vor ihnen.
Inzwischen verläuft meine Runde mit Monica weiterhin demütigend. Bälle, die nicht auf dem Fairways landen, versinken meist unauffindbar im dichten festen Gras der Semiroughs. Monica ist übrigens die Tochter des ersten süditalienischen Pros und quasi auf dem Golfplatz geboren. Sieben Jahre lang war sie professionelle Turnierspielerin auf der European Ladies-Tour und hat seitdem nichts verlernt. Ebenso wie ihr älterer Bruder, der Head Pro des Domenico Golf Clubs vom ersten Tage an.
Der flache Platz punktet mit seiner direkten Lage am Meer; von jedem der 18 Löcher hat man Blick auf die Adria. Schatten indes ist Mangelware. Zwar bereichern zahllose alte Olivenbäume die karge Vegetation der süditalienischen Natur, aber das hilft im wahrsten Sinne nur punktuell. Ein schattenspendendes Cart sollte man sich also gönnen. Zumal eine gekühlte Box mit zwei Flaschen Mineralwasser im Preis mit drin ist – leider keine Selbstverständlichkeit auf italienischen Golfplätzen der Oberliga. Auch die geschwungene, kostenlos nutzbare Driving Range mit den liebevoll pyramidenförmig gestapelten Bällen ist weit vorne.
Was aber irritiert, ist, dass die mietbaren Ziehtrolleys zwar eine Schirmhalterung haben, der Caddymaster die Frage nach einem Golfschirm jedoch halb amüsiert verneint. Monica verspricht, der Sache einmal nachzugehen.
Inzwischen sind wir an Bahn sieben angekommen. Markantestes Merkmal dieses Par 4 ist ein furchterregender tiefer Bunker mit Holzeinschalung direkt vor dem Grün, den ich erfolgreich ansteuere. Bei Monica läuft es gegen Ende unserer kleinen Runde auch nicht wie gewohnt ideal – ihr Telefon klingelt unablässig: „Ich habe den Kopf nicht mehr frei, es warten zu viele Entscheidungen auf mich.“
Am Abschlag der 8 wartet eine Besonderheit – altrömische Ruinen, ein steinernes Gräberfeld. Es wurde beim Bau des Golfplatzes vor 22 Jahren entdeckt und gibt den Archäologen immer noch ein paar Rätsel auf, erzählt Monica. Und gleich dahinter wummert die Technomusik eines benachbarten Beachclubs.
Auch das ist Apulien: über 2.000 Jahre Kulturgeschichte zwischen steinernen Monumenten und pulsierender Lebensfreude.
San Domenico Golf Club, Egnazia 38, 72015 Fasano BR, Italien. Greenfee: 130 € in der Hauptsaison, 95 € in der Nebensaison.
Hotel Borgo Egnazia, DZ inkl. Frühstück ab 329 € in der Hauptsaison und 699 € in der Nebensaison
Beach Club und Fischrestaurant Cala Masciola, Strada Provinciale 90, 72015 Savelletri,