Es gibt nur zwei Golfplätze an der portugiesischen Algarve im sonnengeschwängerten Süden Portugals, die weiter westlich liegen als der für rund 10 Millionen Euro nun völlig neu gestaltete Palmares Golf in Lagos. Der Platz gehört mittlerweile zur Kette „Onyria“, die im Jahre 2011 beginnt, hier ein reizvoll erhöht gelegenes Fünf-Sterne Hotel zu erbauen sowie sorgsam ins Gelände eingebettete Villen unters Volk zu bringen. Das auch schon besuchte Resort Quinta da Marinha in Cascais westlich von Lissabon gehört ebenfalls zum wertigen Portfolio der Gruppe.
Aus dem vorher auch schon interessanten 18-Loch Parcours mit Par 71, schon 1975 basierend auf Plänen von Frank Pennink eröffnet, wurde nun ein äusserst abwechslungsreicher 27-Loch Platz. Oder besser: ein drei Mal 9-Loch Platz, wie es der für den völlig neuen und radikalen Schnitt verantwortliche US-Platzarchitekt Robert Trent Jones Jr. ausdrücklich betont. Und dass Trent Jones, der höchstpersönlich bei der offiziellen Eröffnung Anfang Juni mitspielte, es so hervorhebt, hat seine Gründe. Der Ausdruck „radikal“ ist definitiv nicht auf die Veränderung der natürlichen Geländestruktur bezogen.
Von Thomas Klages
Golfen oder nicht …
Wohl fast einzigartig an der gesamten Algarve ist die auf einer Hügellandschaft erbaute Golfanlage hoch oben über dem Meer – als gleichzeitig auch unten dicht am Strand. Der breite Pulversandstreifen „Meia Praia“ kann hier mit gut vier Kilometern Ausdehnung als der längste Naturstrand ganz Europas gelten und liegt etwas östlich der historischen Stadt Lagos, die auch touristisch viel bietet.
Oben am Parkplatz angekommen spielt Golf erst nicht die Rolle, denn der Ausblick rundum ist atemberaubend schön und lässt den Besucher innehalten. Das nun aktuelle Clubhaus, so der Clubmarshall, ist eine Übergangslösung, bis das geplante Hotel fertiggestellt ist – dann wird es direkt dort untergebracht werden. Aber auch der jetzige, wenn auch nicht üppige, Bau ist schick, luftig, hell und modern. Die Rezeption und der kleine Proshop sind hier integriert, die Terrasse nach der Runde zu besuchen wohl eine Pflicht. Bei wohlschmeckendem Cappuccino will man hier wohl auch nicht mehr aufstehen, so weitreichend und toll ist die Aussicht über Platz und Strand in Richtung Lagos.
Trainingssessions mit dem Meer im Rücken
Unterhalb des Clubhauses ist die Driving Range zu finden – wenn man es denn weiß. Sofort fällt auch auf, warum es gewünscht war, an der Rezeption die sechs Euro für die Rangebälle zu zahlen: Hier gibt es keinen Ballautomaten. Wer hier trainiert, kauft die Bälle als von den Mitarbeitern aufgetürmte Pyramide. Grüns in unterschiedlichen Entfernungen, die durch Bunker flankiert sind, lassen das Einschlagen Spaß machen – obwohl das Ballsammelfahrzeug als mobiles Ziel auch herausfordernd ist …
Ob es nun wirklich Absicht war oder nicht, sei dahingestellt. Wer an den Rangeabschlägen steht, schlägt einen Hügel hinauf. Erst beim Verlassen des Areals fiel der Blick in die andere Richtung – direkt hinunter zum Strand mit dem blauen Meer im Hintergrund. Dass diese schöne Aussicht wohl den motivierten Trainingsbetrieb verhindern würde, ist eindeutig.
Jones Platzdesign als Maßanzug
Platzarchitekt ist nicht gleich Platzarchitekt, denn jeder hat andere Präferenzen. Trent Jones Jr., der beauftragt wurde, dem Palmares ein völlig neues Gesicht zu geben, ist mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung bekannt dafür, möglichst wenig an der natürlichen Geländestruktur verändern zu wollen. Der Einsatz schweren Gerätes ist ihm fast verpönt. Begeistert von dem hier naturgegebenen Auf und Ab sowie der direkten Strandnähe konnte er seine Spielbahnen einfach durchs Terrain fließen lassen und war erfreut, so den drei 9-Loch Schleifen einen jeweils anderen Grundcharakter geben zu können.
Die Löcher 1 bis 9 bilden den „Alvor“-Kurs, der mit einem griffigen und etwas aufwärts verlaufenden Par 4 startet. Auf der Bahn 2, einem mit 190 Metern üppigen Par 3, ist ein sich im weiteren Verlauf wiederholender und typischer Trent Jones-Fingerabdruck zu sehen: Gern baut er neben oder hinter das Grün eine kompakte und kurzgeschorene Auslaufzone für Bälle, die das Grün nicht treffen – oder dort zu schnell unterwegs sind. Gefühlvolles Chippen ist dann angesagt.
Auf dem 4. Tee angekommen erklärt sich, warum dieser Part den Namen „Alvor“ bekam. Ein grandioser Ausblick über die zum Greifen nahe Flußmündung des Ribeira de Odiáxere zum Ort Alvor dieses überdeutlich abfallenden und von Pinien flankierten Par 5 mit mehr als 500 Metern Länge belohnt schon vor dem Abschlag. Die scharf geschnittenen Bunker kommen erst weit unten ins Spiel, das Grün verzeiht keine Fehlplatzierung des Balles aufgrund seiner Größe samt Ondulierung.
Auch vom Folgeabschlag der 5. Bahn sind tolle Ausblicke gegeben, obwohl den Spieler auf der hochliegenden Teebox sicher das gefühlt sehr entfernt beginnende Fairway nervös macht – da das langgezogene Waste Area dazwischen mit hohem Gras eventuell getoppte Bälle verschlingt. Wer jedoch die Bahn trifft, profitiert vom fallenden Gelände und legt sonst vielleicht unübliche 250 Meter Distanz vom Abschlag zurück. Nach der Bahn 7, einem durch hohe Gräser und gern seitlichen Winden griffigen Par 3 in anklingendem Links-Style, geht es über gewundene Fairways und die toll angelegten Grüns wieder hinauf zum Clubhaus.
„Lagos“ ist der Eigenname für die (beim Besuch nicht bespielten, da aus Pflegegründen gesperrten) Spielbahnen 10 bis 18. Hier befinden sich dann auch die einzigen beiden Wasserhindernisse des ganzen Platzes. Zu Beginn spielt man in Parkland Course-Umgebung, bekommt aber spätestens auf der 17 einen ersten Eindruck, wie die später folgenden Links Löcher von Palmares aussehen werden.
Links wie in Schottland, nur wärmer
Als weiteres Highlight des Platzes präsentieren sich dann die Bahnen 19 bis 27, die mit dem treffenden Namen „Praia“ (port.: Strand) getauft wurden. Nach dem Start auf dem 19. Bahn, einem abfallenden Par 4 als Dogleg, folgt nach Unterquerung einer Bahntrasse das Eintauchen in eine kleine Welt ganz anderen Charakters. Als Auftakt der vier direkt hinter den Stranddünen verlaufenden Löcher steht der Erstbesucher des Platzes sicher so dumm da, wie man es sich auf schottischen Linksplätzen vorstellt: Wo geht es jetzt eigentlich entlang? Buckel, dichtes Dünengras links wie rechts und ein weicher Übergang zwischen zwei verschiedenen Fairways rufen diese Unschlüssigkeit hervor. Zwei Par 5- und zwei Par 3-Bahnen warten in diesem speziellen Stil darauf, ein wenig das Gefühl eines Links Courses zu vermitteln – was sie auch schaffen. Sogar die seitlichen Winde, hier vom Atlantik fast immer präsent, untermauern das Trent Jones-Special im Platzdesign. Es ist nicht leicht hier unten, denn wer stark streut kann gleich nachladen. Neben der Bahn 22, die mit 506 Metern von Gelb im Verlauf einer hingeworfenen, sehr weichgekochten Spaghettinudel gleicht, lässt der Blick vom 23. Tee kleine Fragezeichen auf der Stirn erscheinen.
Der Weg zum Abschlag dieses Par 3 wirkt wie ein begrünter Trampelpfad, den ein Betrunkener angelegt haben könnte. Nach dem Aufteen des Balles scheint das 160 Meter entfernte Grün (198 m von Weiß) nur so winzig wie eine Briefmarke. Aber keine Angst, denn der Architekt hat hier gnädige Auslaufzonen spendiert.
Nach erneutem Durchschreiten des Bahntunnels folgen aber nun keine Parklandlöcher, sondern weiterhin sehr ansehnliche fast freiliegende Spielbahnen. Auf der 26 etwa, einem nur 105 Meter kurzen Par 3, ist Zielwasser gefragt, um nicht im tiefen Rough oder einem Bunker mit steiler Flanke zum Grün zu landen. Das letzte Loch des Praia-Course führt als übersichtliches Par 5 in weitem Bogen bergauf zum Clubhaus – hier wartet als Finale ein bunkerbewehrtes und sehr langes Grün.
Onyria Palmares – der neueste Must Play-Course der Algarve
Wer noch das alte 18-Loch Platzlayout von Palmares kennt, sollte es gleich vergessen. Der Totalumbau auf die neuen drei 9-Loch Kurse ließ nichts unangetastet. Von den hohen Investitionskosten, die hier wirklich gut angelegt sind, blieb auch noch etwas übrig, um die Platzbewässerung mit einer computergesteuerten und ressourcenschonenden Anlage auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Da jedoch auch ein Computer nicht unbedingt die Einflüsse des hier oft herrschenden Windes kennt, werden so mitunter Flächen bewässert, die es gar nicht nötig haben.
Mr. Trent Jones II hat in die hier abwechslungsreiche Geländestruktur einen Platz eingepasst, den es wirklich lohnt, zu spielen. Die Pflegequalität der Fairways und Grüns waren, und das sogar im Sommer, ein Genuß. Als Beigabe erhält der Besucher tolle Ausblicke ins Umland und über das Meer – und das sogar von den meisten Spielbahnen des Platzes. Ein wenig an Spielfertigkeit sollte ein Gast jedoch mitbringen, denn an vielen Stellen fordert die Architektur nach gutem Course Management oder etwas längeren Schlägen. Die in Strandnähe liegenden Linkslöcher geben dem Platz einen Touch von Exotik – denn diese Art der Bahnenauslegung ist ziemlich untypisch für die Algarve.
Das nette, kompakte Clubhaus wird zwar in absehbarer Zeit verschwinden und dem modernen Pendant, das im Neubau des Hotels untergebracht wird, weichen. Doch eines bleibt sicher übrig: Weite Ausblicke über den tiefblauen Atlantik, in Richtung Lagos und die typisch rötlichen, schroffen Klippen in der Ferne – träumen erlaubt, denn das macht auch eine nicht so gute Runde auf dem schönen Platz leicht verschmerzbar.
An dieser Stelle gilt noch einmal dem neuen Golfdirektor Nuno Gonçalves der Dank für das informative Gespräch vor Ort. Ihn traf ich zwei Jahre zuvor als Golfdirektor des damals brandneuen Platzes Laranjal im Quinta do Lago Resort, der sich nun der Aufgabe widmet(e), Palmares ins rechte Licht zu rücken.
Onyria Palmares Beach & Golf Resort
Monte Palmares, Meia Praia
8601-901 Lagos
Portugal
Tel.: +351 282 790 500
Fax: +351 282 790 509
Website: www.onyriapalmares.com
Platzdesign: Frank Pennink, Redesign: Robert Trent Jones II (2010/2011)
Hcp-Beschränkungen: H 28, D 36
Die 9-Loch Kurse können beliebig kombiniert werden. Reservierung von Startzeiten empfohlen. CR und Slope: noch nicht bekannt.
Text und Fotos: Thomas Klages