Eine lange Debatte mit Golferfreunden jenseits von 60 hat mich, nach meiner mehrmonatigen Verletzungspause zu diesem Artikel bewegt. Dabei ging und geht es um die Leistungsfähigkeit im Golfsport im Alter.
Das Ausscheiden oder das bevorstehende Ausscheiden aus einem Berufsleben, noch dazu, wenn man in einer führenden Position war, bereitet vielen Menschen Probleme. Manche fallen in das oft zitierte „schwarze Loch“ und wissen nichts mehr mit sich anzufangen. Plötzlich wird man nicht mehr hofiert, Einladungen bleiben aus und liebgewonnene Privilegien fehlen. Dies trifft nicht nur Personen aus der Wirtschaft, sondern genauso ehemals erfolgreiche Sportler, Künstler, und viele mehr.
Bei uns ist der Hauptanteil der Golferinnen und Golfer im Alter von etwa 50 plus und es trifft sich, dass die oben erwähnte Gruppe nun ihre ganze Energie und Freizeit einem Hobbym wie zum Beispiel Golf, widmet.
Dies ist ja nun an und für sich nichts Schlechtes, im Gegenteil. Dazu habe ich aber meine eigene Erfahrung gemacht: „Im Beruf sehr erfolgreiche Personen steht genau dieser Erfolg im Golfsport im Wege.“
Was ist damit gemeint?
Im Golf zählen Erfolge aus dem Berufsleben nichts. Der einfache Angestellte ist genauso gleichgestellt, wie der Herr Direktor. Dies ist das Tolle an diesem Sport. Es zählt nur das persönlich Können. Egal ob sie in einem Nobelclub oder einem einfachen Landclub Mitglied sind.
Nun ist es, so meine langjährige Erfahrung, für den Kreis der Erfolgreichen äußerst schwierig den Satz „Golf keeps you always small, equal which level you are playing“ zu akzeptieren.
Bei einer Umfrage im Bekanntenkreis (probieren Sie es mal aus!) spielen viele Golfer/innen fast immer das gleiche Handicap oder sogar noch besser, obwohl sie älter werden!
Ohne hier ungerecht zu sein, die Mehrzahl der betreffenden Personen sind mir als faire Sportler bekannt, aber der Prozentanteil dieser Golfer, die sich die Regeln und Zählweise gerne etwas beschönigen ist schon sehr hoch. Hier spielt die Eitelkeit und die Angabe oftmals eine sehr große Rolle.
Eitelkeiten im Alter
Gerne lebt dieser Personenkreis in der Gedankenwelt der Vergangenheit, man berichtet von Leistungen, Titeln und Erfolgen die erbracht wurden im Laufe des Berufslebens und in den Erzählungen wird auch vieles beschönigt. Eines ist eigenartig und phantastisch zugleich im Golfsport, anscheinend bleibt der Mensch beim Golfen unabhängig vom Alter vermeintlich gleich leistungsfähig?
Für mich als Profigolfer stellt sich da nur immer die Frage, warum klappt dies bei mir nicht, dass ich nicht mehr soweit drive mit über 60? Oder warum gewinnen ein Nick Faldo, Greg Norman oder Bernhard Langer plötzlich keine regulärenTurniere mehr, alle in den 60ern? Sie spielten ja nun wirklich lange genug und sollten es ja allmählich besser können, als vor 20 oder 30 Jahren.
Scheinbar ist diese Regel im Amateur-Golf, dass man dem Alter Tribut zahlen muss, außer Kraft gesetzt worden, oder? Ich vermute eher, dass hier eine gewisse Eitelkeit zutrifft: wer will schon zugeben, dass man älter wird und nicht mehr so leistungsfähig ist?
Aus diesem Grunde spielt man daher keine Turniere mehr und das HC bleibt plus minus ziemlich bestehen und zweitens: unser jetziges Handicapsystem stützt ein Verweilen in einem zu niedrigen Handicap. Man darf gespannt sein und hoffen, dass dies mit der neuen weltweit einheitlichen Regel- und Handicap-Änderung beseitigt wird.
Was hat dies nun mit dem Golfsport zu tun? Nun, spielen Sie mal mit so jemanden. Vom Anfang bis zum Ende sind Sie damit beschäftigt, die Beachtung der Zählweise und der Regeln zu kontrollieren, was wenig spaßig ist.
Sehr oft kommen dann die entsprechenden Klagen zu der Spielleitung, den Pros etc.. Aber man kennt ja die Pappenheimer allmählich. Letztendlich hilft hier nur Mitleid, denn fast alle wissen im Laufe der Zeit von den Problemen der „Flunkerer“ die sich in eine eigene Gedankenwelt hinein geflüchtet haben. Nur irgendwann gehen Ihnen dann die Mitspieler aus.
Dieses Streben nach Anerkennung entspringt unbefriedigter Eitelkeit und ist bei uns schon sehr ausgeprägt und macht natürlich vor dem Golfsport nicht halt. Besonders schwierig wird es dann, wenn man dem Alter Tribut zahlen muss.
Dabei wäre es doch so einfach?
Wer kann sich noch an „Armin Harry“, den schnellsten Mann den Deutschland jemals hatte, erinnern? Olympiasieger 1960 in Rom über 100 Meter mit 10,00 sec. Der Mann müsste mittlerweile weit über 70 Jahre alt sein und ist übrigens ein leidenschaftlicher Golfer. Ich glaube niemand würde heut von ihm, am allerwenigsten er selber, verlangen, dass er noch die 100 Meter läuft, auch nicht um Zeiten unter 20 Sekunden. Das behaupte ich mal. Diesen Vergleich kann man mit vielen anderen Sportarten auch anstellen und alle würden ähnlich ausfallen.
Die Frage ist, warum es im Golfsporteine Schande sein soll, wenn man mit 60 oder 70 kein Handicap mehr spielt wie mit 40. Sieht man einmal von einer kleinen Handvoll Ausnahmesportlern ab, wird beim Golf auch der Faktor Alter eine Rolle spielen.
Vielleicht denken nun ältere Golfliebhaber über meine Philosophie nach. Man kann jenseits von 60 noch mit viel Freude Golfen. Braucht man dazu die Eitelkeit und als ein Statussymbol ein zu niedriges Handicap, anstelle ein passendes HC und gemütliche Runden mit Freunden die viel Spaß bringen.
Golf und Gesundheit im Alter
Dies sollte man wissen: Trainiert werden beim Golfen vor allem Herz-Kreislauf-System und die Stoffwechselfunktionen. Kaum ein Sport ist so ideal wie Golf, für die Altersgruppe ab 60 Jahren. Bei einem Mindestmaß von technischer Fertigkeit und keinen Vorschädigungen ist Golf eine der wenigen Sportarten, bei der man kaum eine große Verletzungsgefahr erwarten kann.
Als nahezu ideale Belastung für Herz und Kreislauf, besonders bei älteren Menschen, hat sich laut verschiedenen ärztlichen Studien das Golfen herausgestellt: „Im Alter gibt ein kaum einen besseren Sport“, so die fast einhellige Aussage dieser Studien.
Der komplexe Bewegungsablauf sei ideal, Koordination und geistige Beweglichkeit zu trainieren. Aber: „Hauptnutznießer ist die Psyche“. Die Konzentration beim Schlagen verbessere die geistige Leistungsfähigkeit wesentlich. Da man dabei vollkommen abschalten, zudem werde auch noch Stress abgebaut, so diese Studie.
Dadurch, dass heute 60 jährige Senioren nicht mehr mit 60 jährigen der vorhergegangen Generation vergleichbar sind, die heutigen 60jährigen sind wesentlich fitter, ergibt sich laut einer Mikrozensus-Befragung , dass vier von fünf Menschen ab 60 keine größeren gesundheitlichen Probleme nach deren eigener Einschätzung und Befragung haben.
Waren früher 60 jährige alte Männer oder Frauen, so präsentieren heutzutage Senioren die neue Lust am Älterwerden. Der frühere Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, beschreibt diese Generation als gebildet, selbstbewusst, sie genießen den Luxus, reisen viel und achten auf ihr Äußeres, kurzum die Alten sind jünger geworden und sie fühlen sich wohl dabei.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen noch viele Runden mit Freude und Freunden.
Schönes Spiel
Ihr
Heinz Schmidbauer
3 Kommentare
Völlig richtig, lieberHeinz!
In Entsprechung deines Ansatzes habe ich mir abgewöhnt, jede Runde zu notieren, egal, mit wem ich spiele. Nach 10 Runden errechne ich den Durchschnitt für mein persönliches HCP, nach dem Motto: Was‘ wiegt‘s, des hat‘s. Ein gutes Gefühl. Schwankungsbreite je nach Platz: zwischen 27 und 36. Und geht ein Score mal daneben, habe ich mich über jeden gelungenen Schlag / Putt gefreut. Mir macht Golf Spaß, je länger ich spiele. Die jüngsten zwei Birdies habe ich dir gewidmet, lieber Heinz! Weiter erfolgreiche Rehab!!!
Silvester Schröger
Pardon… angewöhnt – (nicht : abgewöhnt!)
Silvester Schröger
Sehr guter Artikel!