Tiger Woods sagte im Hinblick auf die Open in Portrush: „Portrush ist ein wenig anders und ich muss ein wenig Hausaufgaben dafür machen. Hoffentlich bekomme ich ein paar Übungsrunden mit verschiedenen Winden.“
„Es gibt nichts schöneres als in einer Open zu spielen“ so Tiger Woods.
Was passiert also auf der Drivingrange und in den Umkleidekabinen vor einem und während eines Profiturniers ?
Auf den ersten Blick sieht jeder Spieler auf dem Übungsgelände eines PGA Tour-Events großartig aus.
Die Abschläge der einzelnen Pros können viel über einen Spieler erzählen – seine Star-Power, Persönlichkeit, soziale Fähigkeiten, Gewohnheiten, den Stand seines Spiels oder sogar sein Leben.
„Es gibt diesen schönen Rhythmus“, sagt John Rahm. „Die Spieler, die üblichen Caddies, die Presse, der Mitarbeiterstab. Es geht alles einer gewissen Routine nach. Jeder weiß, wer übt, wer Fehler ausmerzen will, wer verwöhnt werden muss und wer in Ruhe gelassen werden will oder sogar muss. “
Bryson DeChambeau und Hideki Matsuyama? Sie fallen in letztere Kategorie, die sich unter den wachsamen Augen einer Armee von Swing-Trainern, Video-Leuten, Equipment-Experten, Caddies und Agenten-Leuten endlos abmühen. Sogar die Wirkung von Tautropfen, wird von einem Spieler imitiert in dem er Nebel auf jeden seiner Übungsbälle sprüht, damit der Wissenschaftler die Auswirkungen der Tröpfchen auf jeden Schlag erklären kann. Über die Verbesserung ihrer Spiele hinaus werden auch Geschäftstransaktionen durchgeführt. Hier ist ein Ausrüstungsvertreter, der ein neues magisches Elixier verkauft, dort ein Swing-Coach, der sich nach einen potenziellen Kunden umsieht.
An anderer Stelle lauern die Medien nach einer heißen Geschichte
„Die Range ist unser Büro“, sagt Brandt Snedeker. „Wir versuchen zwar, die Arbeit hier draußen zu erledigen, dies ist aber nicht immer leicht.“ Wie jeder einzelne Spieler mit all diesen Faktoren umgeht, kann sehr aufschlussreich sein! Die Regeln auf der Range sind dabei ungeschriebene Gesetze, die jeder der Tourspieler versteht oder schnell aufnimmt, damit das „Büro“ effizient arbeiten kann. Casey zum Beispiel qualifiziert sich als Sprecher. „Er wird anderthalb Stunden hier verbringen aber nur 30 Minuten lang Golfbälle schlagen“, sagt der Caddy-Veteran Mark Fulcher, der bis vor kurzem 10 Jahre mit Justin Rose zusammengearbeitet hat.
Aus diesem Grund schreibt John McLaren, der Caddy von Casey, seinem Chef eine minutengenaue Routine vor, welche die genaue Zeit bis zum Erreichen des Putting Grüns und der Abschlagbox, sowie die Zeit, die für das Gehen benötigt wird, enthält. „Sobald ich aber mit dem Training anfange, bin ich für niemandem mehr zu sprechen“, sagt Casey. Mit dieser Einstellung ist er aber nicht der Einzige.
Auch andere Spieler wie Rory Mc Illroy sagen: „Wenn ich bereit bin zu reden, bin ich entspannt und habe nichts gegen Interviews, Autogramme, etc. Aber wenn ich mich konzentrieren will, gehe ich auf eine entlegene Stelle der Range, wo mich niemand stören soll. Es gibt aber immer wieder Leute, Medien, Zuseher und auch Kollegen mit denen Du einfach nicht klar kommst oder mit denen ich nicht sprechen will. Die meisten Spieler brauchen einen Rhythmus um in Ihr Training zu finden. Wo sich die Spieler niederlassen ist kein Zufall. Einige bevorzugen die rechte Seite der Range, andere gehen auf die Gegenseite. Der Wind spielt eine Rolle – der Wind lässt einen Spieler sofort wissen, wie er ihn trifft, da jeder Fehlschlag durch die Brise aufgedeckt wird. Es kommt also darauf an was der Spieler trainieren will, z.B. hohe oder tiefe Bälle, Slice oder Draw usw. Jeder Spieler hat dabei seine Eigenart.“
Wie dem auch sei, Spieler sind größtenteils Gewohnheitstiere. Caseys Routine besteht aus einer Schnur im Boden, um auf sein Ziel hin zu üben. In seiner Aufwärmphase schlägt er ca 50 Bällen, dies dauert etwa 30 Minuten. Das Divot-Muster im Rasen muss dabei präzise und gerade sein.
Altmeister Vijay Singh z.B. ist seit Jahrzehnten berühmt für die perfekten geraden, langen Divots. Bereits auf der Range kann man beobachten, ob ein Spieler nervös oder ruhig wirkt.
Wer einmal bei einer Open oder einem Rydercup mit mehr als 60 000 Zusehern war, weiß, wie es auf der Range zugeht. Ein Gewussel an Fans, Medien, Trainern usw. Deshalb müssen die Caddies manchmal auch als Leibwächter fungieren um den Spielern einen Freiraum zu schaffen. Allgegenwärtig sind die verschiedenen Ausrüstungsmitarbeiter, die auf Aufforderungen ihrer Spieler reagieren, hier einen Schläger mit mehr Loft biegen und dort einen Griff ersetzten. Die Änderungen sind heutzutage ziemlich einfach, aber präzise.
Früher gab es viele Bastler
„Früher war es noch viel schlimmer“, sagt TaylorMade VP Global Tour Operations, Keith Sbarbaro, der seit zwei Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Tour ist. Früher gab es unter den Spielern viele große Bastler. Heute gibt es kaum noch einen nervigen Änderer. Das Anpassen ist mit „TrackMan“ und allen Einstellmöglichkeiten an den Schlägern viel einfacher geworden. Früher konnten 75 Prozent der Tourspieler noch alle gewünschten Hölzer spielen. Es gab keine Spielerverträge mit Schlägerherstellern. Heutzutage ist jeder Tourspieler an bestimmte Marken gebunden.
Wie groß der Unterschied in den einzelnen Touren ist, erlebte zum Beispiel Smylie Kaufman. Er war Mitglied auf der PGA-Tour und, nachdem er seine Karte verloren hatte, in die Web.com-Tour abgestiegen, wo die Reichweiten etwas anders sind. Zum einen gab es viel weniger Menschen und zum anderen viel mehr Probleme. Auch der Service auf der Range, dem „Büro“ ist anders. Weniger gepflegte Abschläge, kaum bereitgestellte Übungsbälle, und so weiter.
Im Lauf einer Turnierwoche ändert sich auch die Dynamik und Betriebsamkeit im „Büro“, bzw. der Range. „Am Montag, Dienstag und Mittwoch sind alle optimistisch“, sagt ein bekannter Spieler. „Es ist egal, ob die Spieler die vorherige Woche gut gespielt haben oder fünfmal den Cut hintereinander verpasst haben. Es ist eine neue Woche, ein Neuanfang.“ Danach wird es ruhiger und ernster. Am Freitag nach dem Cut sind in der Umkleidekabine schon viele Kleiderbügel verschwunden und das soziale Element schwindet im Verlauf des Turniers. „Es ist eine große Veränderung von Dienstag und Mittwoch zu Donnerstag“, sagt Justin Rose. „Sie werden einige Spieler sehen, die gestresst und in Panik sind, ob sie am Freitag den Cut schaffen.“ Roses Lieblingszeit dort? Es sei der selbe, wie bei allen anderen.“Sonntag“, sagt er lächelnd. „Wenn du einer der letzten beiden Typen auf dem Kurs bist.“
Der Blick hinter die Kulissen hat Ihnen vielleicht ein wenig einen Eindruck vermittelt, wie das Leben der Touringpros in Ihrem „Büro“ vor sich geht.
Weiterhin wünsche ich allen Lesern ein schönes Spiel!
Ihr
Heinz Schmidbauer
Autor des Buches „Die Jagd nach Golf“ (Redi Romaverlag, erhältlich in Buchhandlungen und auch bei Amazon)