Der steinige Weg im Profigeschäft. Denkwürdiges von Heinz Schmidbauer
Callum Macaulay – Sie kennen ihn nicht? Okay, jeder Golfinteressierte hierzulande kennt eben nur die 20 “big names” der Gegenwart – bei den Golfgrößen der Vergangenheit, dies stelle ich immer wieder in Gesprächen fest, ist es dann schon nicht mehr so weit her hierzulande. Wie hart das Profigeschäft wirklich ist, davon haben auch die wenigstenHobbygolfer, TV-Zuschauer, verhinderte Neo-Pros und (gelegentlich mal eine „Par-Runde”) spielende Amateure, eine Ahnung.
Ohne hier vielen Amateurgolfern die Illusion über eine persönliche Karriere im Profigeschäft zu rauben, vielleicht hilft Ihnen dieser Artikel über einen sicher sehr talentierten jungen Profi aus dem Mutterland des Golfsports – nachgerade ein Beispiel vieler anderer “Karieren”.
Kürzlich habe ich in der schottischen Zeitung “Royal Scotsman” vom Schicksal eines Pros gelesen und ich möchte aus diesem Artikel über den schottischen Golfpro Callum Macaulay zitieren:
„Schottischer Golfprofi fährt nun Taxi, um seine Familie zu ernähren“
Vor genau 6 Jahren spielte Macaulay eine bemerkenswerte Runde bei der Madeira Open, seinem erst fünften Turnier auf der European Tour, deren Tourberrechtigunger gerade erworben hatte. Mit einem Kursrekord von 64 erspielte er sich den 2. Platz und einen Scheck über 77 000 Euro. Damals war er erst 25 Jahre alt und noch regierender schottischer Amateurmeister. Wer weiß, wie schwierig es ist, zum einen die Tourkarte zu erspielen und zum anderen schottischer Amateurmeister zu werden, bei der Dichte an Superamateuren in Schottland, der musste denken, der Weg für eine erfolgreiche Profikarriere sei geebnet.
Doch die Dinge drehten sich schnell zum Schlechten. Der gleiche Macaulay, der Dritter bei den Weltmeisterschaft der Amateure in Australien war und einen Abschluss der Universität von Mississippi durch ein kostenfreies Stipendium dieser Uni hat, der die Tourkarte erspielte, eben dieser Pro hat nun weder die Zeit noch das Geld, noch irgendeinen Status auf irgendeiner Profitour, auf der man entsprechendes Geld verdienen kann. Er muss sich um einen 4 Monate alten Sohn und um die Rückzahlung von Krediten kümmern.
Deshalb bestreitet er nun seit Oktober 2014 in seinem Heimatort Paisley seinen Unterhalt als Taxifahrer. Für einen Mann, der 2013 noch ein volles Spielrecht auf der European Tour hielt, sind dies schon dramatische Umstände. Aber Macaulay`s Geschichte ist nicht einzigartig. Wer die Dichte an Topprofis in UK, Schottland und USA kennt, weis, dass es genügend solche Beispiele gibt. Da haben es viele Pros oder angehende Pros hierzulande schon wesentlich leichter, wenn man mal sieht, wie viele Sponsoren hier “Gewehr bei Fuß” stehen, sobald ein Amateurspieler einigermaßen den Ball gut trifft. Es klingen mir noch die Schlagzeilen vom “neuen weißen Tiger Woods” in den Medien hier in den Ohren.
Das Schicksal Macaulays
Wie schwierig es ist, sich auf dem zweitlukrativsten Turnierzirkus im Golf zu behaupten, kann man am Schicksal Macaulays ermessen. Zweimal erspielte er sich die Karte über die Tortur auf der Qualifying School. Der härteste Teil dabei ist der mentale Aspekt, sagt heute Macaulay, dessen Frau Claire-Marie als PGA- Golflehrerin im Paisley Golfclub arbeitet, den ich vor zwei Jahren einmal besuchte. Außerdem meint er über seinen Golfschwung, dass dieser unorthodox und instinktiv war. Dies war seine Stärke und er hätte nie auf andere Spieler geschaut. Sein Denken war nur ergebnisorientiert. Er wusste, wie er spielen und scoren musste.
Als er jedoch anfing seinen Schwung auf die vermeintlich bessere technische Art und Weise zu verändern, hat er seine Fähigkeiten und seine Sicherheit verloren. Dies kam nicht über Nacht, was ja selten im Golfsport ist. Die Ursache, den Schwung zu verändern, kam durch den finanziellen Druck, bessere Ergebnisse erzielen zu müssen. Zum Tourbeginn nochspielte er frei und machte sich über nichts Gedanken. Das gewonnene Preisgeld landete am Bankkonto. Als er allerdings dann heiratete, veränderten sich die Verpflichtungen und der Druck nach besseren Ergebnissen wurde größer. Und er begann darüber nachzudenken , wieviel Geld er noch einspielen musste, um die Tourkarte für das nächste Jahr sicherzustellen. Dies war dumm. Es war das erste Mal, dass es beim “Race to Dubai” mehr Preisgeld zu gewinnen gab und dadurch auch ab und an die “großen Namen“ am Start waren. Macaulays dachte, er sei doch in Schlagdistanz zu der Elite, aber statt an das Gewinnen eines Turniers zu denken, war sein Bestreben nur den Cut zu machen, um die Karte für die kommende Saison abzusichern.
Nicht von den Stars lernen
Er begann außerdem bei der Vorbereitung auf der Range die Superstars zu beobachten, wollte sie kopieren und von ihnen lernen. Obwohl Macaulay immer eher kurz am Tee war und sein natürlicher Ballflug niedrig und von links nach rechts, dachte er daran seinen Schwung umzustellen, so wie viele Stars spielten, nämlich eine Flugbahn von rechts nach links und höher. Leider wurde sein Schwung durch diese Versuch nicht besser, je mehr er die Umstellung übte, um so schlechter wurden seine Ergebnisse. Er begann plötzlich ständig über seinen Schwung nachzudenken und jeden Schlag zu analysieren. Viele viele Spieler sind bei diesem Versuch der Schwungumstellung gescheitert. Nur wenige (wie Nick Faldo etwa) schafften dies, auch wenn er dadurch einige erfolglose Jahre in Kauf nehmen musste.
Ironischerweise war Macaulay ja von vielen gescheiterten Beispielen gewarnt. Während eines Turniers in Muirfield bat er seinen schottischen Landsmann Colin Montgomerie, immerhin achtmal die Nummer Eins in Europas Order of Merit, um Rat, da bekannt war, dass “ Monty” im Laufe seiner Karriere seinen Schwung nie gravierend geändert hatte. Aber anstelle auf dessen Ratschlag („ändere nie etwas!“) zu hören, brachte Macaulays seine „Umstellung“ nicht mehr aus dem Kopf und eine Rückkehr zu seinem früheren Schwung und Spielweise klappte auch nicht mehr. Macaulay: Ich würde weiter gerne im Golfbusiness bleiben – ich lebe dafür und kann mir ein Leben ohne Golf nicht vorstellen“.
Aber um dies zu verwirklichen, braucht man Geld und Zeit zum Training. Wenn man aber Familie hat, muss man auch an diese denken. Bei der Dichte an guten Golfern auf der Insel schien schier unmöglich einen Sponsor zu finden, der hier einspringt. Deshalb war die Arbeit als Taxifahrer die lukrativste Möglichkeit, um etwas zu verdienen. Die Alternative, als Golflehrer zu arbeiten, um ein paar Tage Golftraining nebenbei herauszuschinden, war angesichts der geringen Verdienstmöglichkeiten in Schottland als Golflehrer ausgeschlossen. Blieb nur der Weg über die kleinen Touren (wie z. B. Asien- oder Challengetour) aber dort ist auch bei guten Ergebnissen nicht mehr als ein Taschengeld zu verdienen. Zu wenig für Macaulay und seine Familie.
Verehrte Leserinnen und Leser: Wenn Sie diesen Bericht gelesen haben, mag bei dem einen oder anderen von Ihnen nun vielleicht die Illusion , Profi zu werden, doch etwas weniger glamourös und doch dornenreicher erscheinen. Nicht alle werden ein bewunderter Tiger Woods, Bernhard Langer oder Martin Kaymer . Aber vielleicht hilft Ihnen das Schicksal des Callum Macaulay bei Ihrem eigenen Spiel und beim Training. Denken Sie nicht zu viel über Veränderungen nach. Behalten Sie sich vor allem die Freude am Spiel und setzen Sie sich erreichbare Ziele – denn Sie kennen ja die Geschichte vom Fuchs und den Trauben.
In diesem Sinne viel Spaß bei der Vorbereitung auf die neue Golfsaison
Ihr
Heinz Schmidbauer
1 Kommentar
Ein schöne und zugleich nachdenklicher Report. Und ja, ich stimme dem „Mental-Aktionismus“ völlig zu, denn trotz aller Leidenschaft, Talent und Fleiss ist die Arbeit im mentalen Bereich die Zielgerade. Ich selbst bin jetzt im dritten Jahr als Golfspieler (und gehören wohl schon zu den schnellsten Single-HCPler in Deutschland (https://www.facebook.com/SingleHCP/?ref=ts&fref=ts). Jedoch weiss ich voller Talent, das der Kopf alles andere entscheidet und kann deshalb Macaulay und die „Fragen der Umstellung“ sehr verstehen. Mein wertvollster Erfahrungsschatz? DEMUT. Sei demütig, habe Freude und Spass an den Fehlschlägen denn sie machen aus jedem blinden Aktionismus eine entspannte und schlussendlich erfolgreiche Runde. Ich weiss es aus eigener Erfahrung! Und noch ein persönlicher Tipp: Eine erfolgreiche und entspannte Runde hängt auch sehr oft mit den passenden Flightpartnern zusammen (ein Dank geht hier ganz klar an Sven (Danke Dir für die lustigen und sehr unterhaltsamen als auch sportlichen Runden, ich freue mich, dich bald als Single-HCPler in den Teich werfen zu können!)