In Anspielung auf diverse Vergleiche, wie die Angst des Schützen beim Elfmeter im Fußball oder bei der Jagd, die Angst des Schützen vor einem Fehlschuss, lassen sich Parallelen zum Golfspiel oder den Golfspielern/innen ziehen.
Welcher Golferin und welcher Golfer, egal welcher Könnensstufe, kennt dieses Gefühl des etwas flauen Magens vor dem ersten Abschlag nicht? Wer hat nicht schon ein leichtes Zittern in den Händen gespürt, wenn ein vermeintlich leichter Einmeter-Putt vor ihnen lag und dieser doch so einfache Putt todsicher versenkt werden musste.
Ich vertrete die Ansicht, dass sich gerade hier die Spreu vom Weizen trennt. Was ist damit gemeint?
Sie können noch so viele Trainerstunden nehmen oder an Ihrer Technik feilen oder sich von den Pros mit dem neuesten Equipment versorgen lassen. Trotz Training mit Video und Trackman, in diesem Augenblick, wo Sie entscheiden müssen, treffe ich den Ball, versenke ich ihn, hilft Ihnen niemand.
Das Problem eines Anfängers den Ball überhaupt zu treffen ist in etwa das stressmäßig gleiche, wie bei einem Profi, der vor tausenden Zuschauern den letzten tödlichen Putt zum Gewinn einer Meisterschaft versenken muss.
Es amüsiert mich manchmal, wenn ich in diversen Medien Tipps von selbsternannten Experten und Trainern lese, wie man Bälle und Situationen handhaben sollte.
Da fällt mir immer der Vergleich mit Geldanlageexperten ein, die hinter einem Bürostuhl sitzen und Anlegern vermeintlich Supertipps geben, wie man reich wird und sein Geld anlegen muss! Wenn es schiefgeht, dann waschen Sie sich die Hände in Unschuld. Hier gilt der Ratschlag, wenn es jemand so genau weis, wie man es macht, warum sitzt er im Büro gegen verhältnismäßig bescheidenes Salär und berät jemand wie man Millionär wird? Warum macht er es nicht selbst und ist Millionär geworden?
Gleiches gilt für mich im Sport, egal in welcher Sportart. Trainer, die im Spitzenbereich tätig sind, haben zu 70 Prozent selbst eine erfolgreiche Karriere als Spieler hinter sich, siehe Butch Harmon, Peter Kostis. Sicher es gibt immer Ausnahmen in jedem Sport wie Trainer ala Jürgen Klopp (immerhin 2. Ligaspieler). Natürlich muss man nicht Toursieger gewesen sein um in einem „normalen“ Club zu unterrichten. Aber ein gewisses spielerisches Level sollte ein Trainer schon erreicht haben. Besonders im Jugend und Anfängerbericht gilt für mich immer noch, die besten Trainer gehören dahin.
Im Spitzenbereich ist es für mich jedoch unvorstellbar, dass ein Trainer, der selbst nie irgendwann in seinem Leben Runden weit unter z. B. 80 gespielt hat, einem Handicap 1 oder 2 Spieler groß weiterhelfen kann. Die Probleme dieser Spielerkategorie liegen in einem Bereich, welche dieser Trainer dann kaum nachvollziehen kann.
Beim Übertritt von Spielerinnen und Spielern, die im Amateurbereich hervorragendes geleistet haben und dann ins Profilager wechseln, treffen diese Spieler/innen plötzlich auf ein komplett anderes Umfeld, was nicht leicht zu bewältigen ist.
Dies gilt im Golf genauso wie in anderen Sportarten. Für viele Amateurspieler ist es kaum vorstellbar, was Tourspieler für einen Druck ausgesetzt sind. So manche Kommentare, wie ich sie des Öfteren höre z. B. „diesen Putt hätte ich reingemacht“ usw. erinnert mich auch fatal an die Millionen Fußballtrainer vorm TV.
Im aktuellen Fall beobachte ich gerade einige sehr talentierte Spieler mit ehemaligen + Handicaps, die sich auf der Profitour sehr schwertun, vorausgesetzt, wenn sie es überhaupt auf die „große“ Tour schaffen und vorher erst für ein nichts sich auf den kleinen Touren zum Erfolg quälen müssen. Diese Ochsentour schaffen nur sehr wenige. In meinem Buch „Die Jagd nach Golf“ habe ich darin über das Schicksal eines sehr guten ehemaligen schottischen Spielers geschrieben.
Wichtig wäre für diese Spielerinnen und Spieler bereits von Beginn an, in die Hände eines in diesen Dingen sehr erfahrenen Managements zu kommen.
Diese können dann zu der einen oder anderen Einladung verhelfen. Außerdem brauchen diese Spieler/innen eine Unterstützung bei der Auswahl der Turnierplanung, der Auswahl der richtigen Trainer (die meisten Profis haben heute mehrere Trainer für verschiedene Bereiche, Swingtrainier, Putttrainer usw.) sowie auch eines Fitnesscaches oder sogar eines Sportpsychologen die hilfreich sind. Für mich ist das oben Beschriebene eigentlich ein Muss beim Eintritt ins Profilager, verbunden mit einem langfristigen Ziel-Vorgabelplan, der ständig überprüft wird.
Nur wer selber einmal in diesen Bereichen gespielt hat, weiß, wie es im Inneren eines Spielers/in aussieht, wenn er plötzlich vor vielen Zuschauern, vor TV Kameras aufteet. Wenn alte, abgezockte Profis dem Neuling mit allerlei Psychotricks die „Schneid“ abkaufen. Man darf im Unterschied zum Amateurbereich nie vergessen, wie es einst ein erfahrener, mir wohlgesonnener Profi, bei meinen Anfängen sagte: „You are entering a shark world“!
Da draußen gibt es keine Freunde, da wird um die Existenz gespielt!
Nur wem es gelingt hier soviel mentale Stärke und Wettkampfgeist mitzubringen, wird sieh letztendlich durchsetzten können. In den entscheidenden Momenten helfen alle die wohlgemeinten Technikratschläge nichts mehr. Die Bewegungsabläufe müssen sowieso sitzen, diese müssen unbewusst abgerufen werden.
Auch hier gibt es viele Beispiele, bei denen Spieler mit absolut nicht lehrbuchmäßigen Schwüngen sehr erfolgreich sind, die teilweise nie einen Golflehrer gesehen haben (Furyk, Daly, B.Watson usw.). Ein Trainer aber, der auf diesem Level gespielt hat, weiß was in solchen Momenten in einem Spieler/in vorgeht. Daher wird er seine Erfahrungen in Umgang mit solchen Situationen an seine Schützlinge weitergeben können.
Ein ganz wichtiger Tipp aus einem ganz anderen Bereich hierzu: Als Hobbyjäger wurde ich einmal von einem alten Jäger am Anfang meiner Jagdlaufbahn gefragt, ob ich den nicht nervös sei bei einem Schuss aufs Wild? Meine Antwort: Wenn ich mir nicht sicher bin, dass ich es ordentlich treffe, schieße ich nicht. Gleiches gilt auch im Golf, wenn ich mir nicht sicher bin, dass mir der Schlag gelingt, dass ich den richtigen Schläger habe, dass ich die taktisch richtige Auswahl getroffen habe, darf ich nicht schlagen.
„Zweifel an den eigenen Fähigkeiten sind tödlich für das Gelingen eines Schlages!“
Um hier einen möglichst hohen Grad an Sicherheit zu bekommen, muss ich bereits im Training die ganze Vorbereitung und den Ablauf eines Schlages trainieren. Amateure könnten hier von den Profis lernen. Zu oft sehe ich, wie auf den Ranges ununterbrochen, roboterähnlich Bälle in den Himmel gedonnert werden.
Auf die wichtige Pre- Shot-Routine, auf das Überprüfen und die Reflexion nach dem Schlag wird viel zu wenig geachtet.
In meinen Augen wäre es sehr wichtig, dass die Golfer sehr früh und oft mit Ihren Pros auf die Runde gehen. Dort erkennen beide eben genau diese Fehler, nicht im golftechnischen Sinne, eher in der Taktik und den Problemen wie man mit Hindernissen auch mental fertig wird. In den Augen der Spieler/in kann man oft die Angst vor bestimmten Problemen, sei es ein Wasserhindernis oder ein trickreicher Putt lesen. Angst ist ein schlechter Partner.
Viel zu selten im Gegensatz z.b. zu den USA gehen Golfpro und Schüler/in gemeinsam auf die Runde. Vielmehr steht man stundenlang auf der Range, experimentiert mit Video und Trackman. Meiner Meinung nach sind dann die wenigsten Golfer/innen in der Lage, die dort gewonnenen Erkenntnisse auf der Runde umzusetzen. Folge ist dann vermehrter Frust.
Das Umgehen mit dem Druck, egal auf welchem Level Sie spielen, kann man auch trainieren. Beispielsweise spielen Sie immer um „etwas“ mit Ihren Freunden, es muss nicht Geld sein, Drinks, Cafe, Essen egal, aber bauen Sie Druck bereits im Training, auf jeder Übungsrunde auf. Lasch heruntergespielte Runden, wo Sie sich selber ständig Punkte schenken halte ich für ganz schlecht. Das neue Handicapsystem bei dem Sie ja jetzt dann Ihr Handicap auch auf Privatrunden verbessern können kommt dem sehr entgegen.
Besonders das Lochwettspiel mit Vorgabe halte ich geeignet den Wettkampfdruck zu üben. Auch hier kann noch der 5. oder 6. Schlag wichtig sein. Wichtig eben ist es mit „Stresssituationen“ umzugehen zu lernen.
Der große Arnold Palmer erzählte mir einst eine Story aus seiner Kindheit. Er ist als Sohn eines Golfpros und Greenkeepers Deakon Palmer in sehr bescheidenen Verhältnissen nach dem 2. Weltkrieg in Latrope /USA auf dem Golfplatz aufgewachsen. Um als kleiner Knirps von 9-10 Jahren an etwas Taschengeld zu kommen, wartete er an einem Loch, dass einen großen See hatte auf seine „Opfer“.
Er wettete dann mit den Spielern um 50 Cent, was für ihn eine Menge war, dass er den Ball über den See schlagen konnte. Da er selbst kaum Geld hatte, war sein Stress über das Gelingen des Schlages sehr groß. So holte er sich von klein auf die Wettkampfstärke, die er später bei seinen Erfolgen brauchte.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erfolgreiche Golfsaison.
Ihr
Heinz Schmidbauer
Autor des Buches „Die Jagd nach Golf“