Stefan Quirmbach, langjähriger Präsident der PGA of Germany und einer der bekanntesten Golflehrer in Deutschland, sieht in der „Rehasportart Golf“ großes Potenzial. „Meiner Meinung nach gibt es keine bessere Sportart als Golf, die für den Rehasport geeignet ist“, sagte der Golflehrer im Interview mit der Golf Week. Der Golfsport wird ab 2022 offiziell als Rehasportart anerkannt. Möglich macht diese eine Vereinbarung zwischen dem Bundesverband RehaSport Deutschland und den Trägern der Sozialversicherung. Bislang waren nur Sportarten möglich, die drinnen betrieben. Öffnet diese Änderung jetzt dem Golfsport neue Zielgruppen? Das sei alles ein Missverständnis, sagte im August 2022 dann der Bundesverbandes Rehasport Deutschland.
Golf ist keine von den gesetzlichen Sozialversicherungsträgern finanzierte Rehabilitationssportart
Die Meldungen über Golfen als Rehabilitationssportart („Golf auf Krankenschein“, „Kur und Golf“), die von den gesetzlichen Sozialversicherungsträgern finanziert wird, gehen auf Äußerungen über die Ausübung von Rehabilitationssport auf dem Gelände einer Golfsportanlage zurück. In diesen Äußerungen ging es aber nur um die Voraussetzungen, unter denen ärztlich verordneter Rehabilitationssport in Form von z.B. Gymnastik oder Kraft- und Ausdauertraining auf dem Gelände einer Golfanlage ausgeübt werden kann. „Eine Qualifizierung des Golfsportes als eine von den zuständigen Sozialleistungsträgern finanzierte Rehabilitationssportart war damit aber weder verbunden noch war ein solches Verständnis intendiert. Leider ist in einigen Medien dieser Unterschied allenfalls beim zweiten Lesen oder Hören der Publikation erkenntlich“, teilte der Verband im August 2022 mit.
Man bedauere außerordentlich, dass es zu Missverständnissen gekommen sei. Golf sei von den Sozialleistungsträgern, also den gesetzlichen Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Rentenversicherungsträgen, nicht im Rahmen des ärztlich verordneten Rehabilitationssports genehmigt oder finanziert.
Der Golfverband hofft weiter
Sicher hofft der Golfverband mittelfristig auf diesem Weg neue Mitglieder zu gewinnen. Doch wie Golfsport als Rehasportart konkret aussehen könnte, ist die Frage. Erfahrungen hat die Golfbranche damit nicht gesammelt, sieht man einmal von wenigen Modellprojekten ab. Welche Voraussetzungen müssen Golfanlagen dafür schaffen? Und wie müssen die Golflehrer sich auf das neue Publikum einstellen?
Eine Möglichkeit, um auf diese offenen Fragen eine Antwort zu liefern, kommt vom gemeinnützigen Verein golf4you, der in dem von ihm entwickelten Short Golf die ideale Disziplin für dieses komplexe Aufgabengebiet sieht. Short Golf ist Golf, genauer gesagt es ist das kurze Spiel beim Golf. Über 90 Prozent aller Golfer spielen bereits heute Short Golf. Es sind die Spieler, die nicht regulär die Greens erreichen und einen Annäherungsschlag benötigen.
Sportwissenschaftler der Technischen Universität München haben auf der Suche nach den Gesundheitsfaktoren bestätigt, dass Inhalte und Werte des großen Golfs ohne Verluste auf Short Golf Anlagen übertragbar sind. Short Golf wird auf kleinen Kunstrasen Spielbahnen gespielt, der Pflegeaufwand ist dadurch wesentlich geringer, auch die Investitionskosten sind überschaubar.
Golfspieler werden schneller spielfähig
Golfer wissen, wie komplex zu erlernen ihre Sportart ist. Damit drängt sie sich nicht unbedingt für schnelle Erfolgserlebnisse auf. Beim Rehasport sollte es darum gehen, die Spielerinnen und Spieler schnell in einen Zustand zu bekommen, bei dem sie spielfähig sind. Auch daher bietet sich eine Variante wie Short Golf an. Versteckt in den Schlagvarianten des präzisen Golfens trainiert der Schüler Schwungrhythmus auf der Basis des physikalischen Pendels, den Schwung über Muskelspannung dynamisieren und das Balance, das Gleichgewicht.
Short Golf als flexible Option
Entscheidend für den Einsatzbereich von Short Golf im Rehasport ist die Flexibilität Anlagen. Verpackt in einer Tragtasche kommt der Golfplatz in die Praxis oder die Klinik. Die vom Arzt verschriebene Rehaphase benötigt keinen großen Golfplatz mit langen Anfahrzeiten und es müssen keine besonderen Voraussetzungen geschaffen werden. In 5 Minuten ausgepackt und verlegt ist die Rehasport Golfanlage sofort einsatzbereit. Eine solche Anlage braucht mit 20 mal 4 Meter wenig Platz und ist für Herstellungskosten von ca. 2000 € zu bekommen. Auf jeder Übungsanlage ist Platz für eine Short Golf Insel und für das Trainieren des präzisen kurzen Spiels.
Mit einem solchen Aufbau könnte Golf dann wirklich vielen Patienten zur Verfügung stehen – unabhängig davon, ob ein Golfplatz in der Nähe ist.
Rehagolf als Einstieg in den Golfsport
Rund 1,6 Millionen Deutsche nehmen jedes Jahr an einer Rehasportmaßnahmen teil. Rehasport ist aber keine abgeschlossene Therapie und die Reha-Patienten sollen üblicherweise nach den vorgeschriebenen 50 Einheiten motiviert werden, aus eigenem Antrieb weiter Sport zu treiben. Hier liegt dann die Chance für die Golfclubs. Doch diese Chance haben sie nur, wenn vorher – mit Short Golf – der entsprechende Spaß am Golfsport geweckt werden kann.
In der alternden Gesellschaft wird sich das Aufgabengebiet für den Rehabilitationssport deutlich vergrößern und viele der Patienten werden dann von ihrem gesetzlichen Rechtsanspruch auf Rehabilitationssport Gebrauch machen und sich für Golf entscheiden. Den Clubverantwortlichen ist es leicht zu vermitteln, dass es sich bei Rehasport-Patienten nicht um „kranke Menschen“ handelt, sondern dass dort die Hoffnung besteht, mittelfristig neue Mitglieder zu gewinnen. Die Golfanlagen bekommen mit Rehasport potenzielle Kunden „zugespielt“, die sonst nicht gekommen wären.
Rehasport Golf ist bereits 2022 möglich, allerdings müssen die Golfanlagen die nötigen Vorbereitungen treffen. Nur dann werden die Reha-Patienten innerhalb der verschriebenen 50 Einheiten ein Basis-Kombinations-Training aufnehmen können.
Der Short Golf-Ansatz ist dabei keineswegs sonderlich neu, nur ist er im Golfsport noch nicht angekommen. Denn beim Klettern ist es beispielsweise schon lange üblich, Indoor wird an der Kletterwand geübt und die Technik erlernt. Shortgolf ist also quasi die Kletterhalle des Golfsports. Hier spielt man, genauso spielt man aber auch draußen auf dem Platz.
2 Kommentare
Ich muss sagen, dass ich da auch aus eigener Erfahrung (Wirbelsäule etc.etc..) sehr, sehr skeptisch bin. Die große Frage…Reha mit Golf… für welche Krankheit oder Verletzung? Besonders bei Bandscheiben – Wirbelverletzungen oder sogar Wirbeloperationen und Versteifungen kann ich mir nicht vorstellen, dass Golf hier als Reha geeignet ist.
Siehe auch meine eigene 5 Ops und Versteifung der Wirbeln, siehe Tiger Woods, der immer wieder Problem mit dem Rücken hatte.
Die Aussage, das Golf generell als Rehasport geeignet ist halte ich für unzulässig wenn nicht sogar gefährlich. Man müsste so eine Aussage sehr sehr präzisieren und vor allem je nach Art der Verletzung unbedingt erst nach Rücksprache mit den entsprechenden Fachärzten dürfte eine derartige Reha-Maßnahme durchgeführt werden. In dem Artikel fehlt mir bei den Forschungen bzw. Empfehlungen die Erwähnung bzw. Stellungnahme, Mitarbeit der Fachärzte. Sehr skeptisch bin ich da bei heute sehr oft durchgeführten Ops bzw, Einsetzen von künstlichen Knie, Hüft, Schultergelenke, Ops an der Wirbelsäule.
Dazu habe ich bereits mehrere Artikel geschrieben und auch in meinem Buch „Die Jagd nach Golf“ ist dem Thema eine Kapitel gewidmet. Bei einem Rehaprogram hinsichtlich der oben genannten Verletzungen und der Wiederaufnahme des Golfsports, bräuchte es speziell ausgebildete Golf- oder Sportlehrer unter Aufsicht der Fachärzte. Vorstellbar ist diese Idee sicher bei Programmen in Rehakliniken, die Behandlungen wie Herz-Kreislaufkrankheiten, psychische Erkrankungen oder ähnliche Krankheiten anbieten. Ebenfalls die Idee des „Short Golfes“ kann bei der Umsetzung ein Vorteil sein, da man hierzu nur einen verhältnissmäßig geringen Aufwand braucht.
Abschließend darf ich bemerken, dass man wie schon eingangs erwähnt, unbedingt auf den geeigneten Einsatz von Golf im Rehaprogramm achten muss. Nicht für alle Verletzungen ist Golf zu empfehlen wie beschrieben, auch beispielsweise bei Kreuzbandoperationen bedarf es fast ein Jahr , wie es von dem Kreuzbandspezialisten Dr. Christian Schenk empfohlen wird , bis ein Knie im Allgemeinen soweit hergestellt ist bis man wieder in die „Vollen“ gehen sollte. Das Angebot von Golf als Rehaprogramm muss in meinen Augen und ich glaube auch in den Augen von vielen Fachärzten differenziert gesehen werden und eine generelle Aussage bzw. Verwendung als Rehaprogramm dürfte so nicht getroffen werden. Wenn die teilweise aufgezeigten Probleme beachtet werden und die Ausbildung der Betreuer den Anforderungen entsprechen, die Art der Krankheit/Verletzung dies erlaubt, kann Golf sicher zu einer guten, ergänzenden Reha-Maßnahme werden.
mit bestem Gruß
Heinz Schmidbauer
Guten Morgen,
aus orthopädischer Sicht kann ich Golf als Rehasport sehr empfehlen und werde das sowohl verordnen als auch mit PGA Pros konzipieren.
Wir müssen bei Wirbelsäulenpatienten behutsam einsteigen- ein Revival des Broomstick-Putters. INSTA golf.professor