Bryson DeChambeau gewann das PGA-Turnier in Bay Hill. Kaum ein Profigolfer seit Tiger Woods in der Profiwelt hat mehr Aufsehen als Bryson DeChambeau erzielt. Sein jetztiger Triumph beim Arnold Palmers Bay Hill Turnier erschüttert die Profigolfwelt. Besonders erregen dabei zwei Abschläge des extrem muskulösen Golfers die Gemüter.
Er zielt in eine Richtung, die für jeden Konkurrenten undenkbar wäre. Es handelt sich dabei um das sechste Loch im Bay Hills Club in Orlando, einem Par 5, welches rund um einen See führt.
DeChambeau, der Muskelmann unter den Golfern, schlug am Turnierwochenende den Ball vom Abschlag direkt über den See, anstatt die in Form eines Dogleg rechts konzipierte Par-5-Bahn konventionell zu spielen. Dieses Kunststück gelang ihm zweimal, er machte damit das Par 5 zu einem Par 3. Unglaublich! Über DeChambeau habe ich im Golfsportmagazin vor kurzem folgenden Artikel geschrieben:
Erlauben Sie mir dazu eine persönliche Anmerkung. Vor etlichen Jahren, ich glaube, es war etwa 1989, hatte ich die Ehre, mit dem „King“ selbst eine Runde zu spielen. Als wir an jenes berühmte Loch 6 kamen, war mein Abschlag nicht schlecht. So kam ich in die Versuchung, mit meinem Driver, damals ein Ram Driver mit 10 Grad, den ich des Öfteren schon ganz passabel bei guter Lage auch vom Fairway schlug, das Grün zu attakieren.
Da schaute mir der „Meister“, als er meine Absicht erahnte, nur ganz tief in die Augen. Den Blick habe ich bis heute nicht vergessen. Und er sagte zu mir: „Even Ian Woosnam (damals die Nummer eins der Welt und bekannt für weite Abschläge), would not do that.“ (Nicht mal Ian Wossnam würde dies tun). Eine Anmerkung am Rande: mit ca. vier Schlägen verlor ich diese Runde gegen den damals bereits über 60-jährigen Palmer.
Bei meiner Recherche zu dem Artikel kramte ich in meinen Unterlagen und habe sogar die Scorekarte von der Runde gefunden, ebenso wie den in meinem Keller hängenden Plan von dem Bay Hill Golfkurs in Orlando.
Leider hat es Arnold Palmer nicht mehr erlebt, wie DeChambeau dieses Loch 6 im wahrsten Sinne des Wortes zerlegt hat. Ich vermute nicht, dass diese Fertigkeit von DeChambeaus in seinem Sinne gewesen wäre.
„Ich war ganz schön nervös“, gab DeChambeau sogar später zu. Er, der schon während des Ballflugs jubelnd die Arme in die Höhe gerissen hatte. Sowohl Samstag als auch Sonntag flog der Ball deutlich über das Wasser. Konkurrenten wie Rory Mc Illroy probierten es ebenfalls und das Ergebnis eines solchen Versuches war ein Schlag ins Wasser. Dabei gehört Mc Ilroy nicht gerade zu den Kürzesten seiner Zunft.
„Oh Mann, ich habe mich wieder wie ein Kind gefühlt“, beschrieb Bryson den Moment der Landung: „Es war fast so, als würde man ein Turnier gewinnen. Ich hatte Gänsehaut, als ich sah, dass es keinen Spritzer gab.“
Mit rund 310 km/h Ballgeschwindigkeit schlägt DeChambeau
Der US Golfer hatte den Lockdown genutzt und allein im vergangenen Jahr über zehn Kilogramm an Muskelmasse zugenommen, insgesamt sind es über 20 kg. Er wiegt bei einer Körpergröße von 1,85 Meter nun 115 Kilo. Er hatte dabei nur ein Ziel: mehr Länge. Der Erfolg ist riesig. Nach eigenen Angaben hat er im Oktober 2020 den Ball im Training zum ersten Mal rund 365 Meter gedrived. Kein Konkurrent schlägt vom Tee weiter, keiner verleiht seinem Ball mehr Geschwindigkeit.
Die Kollegen rufen den einst schmächtigen DeChambeau „Hulk“ (Riese) und nicht mehr wie früher, als sie den studierten, eher dürren Physiker ob seiner wissenschaftlichen wie akribischen Herangehensweise „Professor“ nannten. Wie er dies erreicht hat? Nun, eine knallharte Umstellung seiner Ernährung und viele Stunden Krafttraining a la Schwarzenegger sollen dies möglich gemacht haben. Man verzeihe mir eine gewisse Skepsis, ohne hier DeChambeau zu nahezutreten. Irgendwann in meinem Jahre zurückliegenden Sportstudium habe ich in der Sportmedizin gelernt, dass man die Muskelmasse nicht unbegrenzt aufpumpen kann, vor allem nicht, in verhältnismäßig kurzer Zeit. Es Mag sein, dass die heutige Wissenschaft diesbezüglich große Fortschritte erzielt hat.
Und noch etwas Interessantes: Im Gegensatz zur Konkurrenz spielt er mit einem Eisensatz, bei dem jeder Schläger die gleiche Länge hat. Je nach Entfernung zum Loch nutzen Golfspieler Schläger, deren Neigungswinkel (Loft) sich verändert. Je größer dieser wird, desto kürzer ist eigentlich der Schaft. Nicht so bei DeChambeau, der, egal bei welcher Entfernung, durch die gleiche Schaftlänge immer den gleichen Abstand zum Ball hat und so den immer gleichen Schwung durchführen kann.
Was die Schaftlängen angeht habe ich sogar eigene Erfahrungen. Der Münchner Ingenieur und Freund von mir, Jürgen Bechler, tüftelt schon seit vielen Jahren mit Schlägern gleicher Schaftlänge herum und ein ebensolcher Satz befindet sich in meinem Keller. Schauen Sie mal auf die Seite.
Nun hat sich aber, siehe den oben erwähnte Artikel,reichlich Kritik an der Herangehensweise DeChambeaus an das Golfspiel geregt. Forderungen nach Begrenzung des Materials für Profispieler und vieles mehr wurden von Golfgrößen wie Nick Faldo und Butch Harmon laut. Ganz zu Unrecht, so meine Meinung, haben sie damit nicht. Bereits beim Erscheinen von John Daly gab es diese Diskussion, auch er war für die damalige Zeit ein extremer Longhitter. Nur das heutige Material ermöglicht es auch Durchschnittsgolfern, so große Weiten zu erzielen, wie es vor wenigen Jahren nur Profis möglich war. Das bei den heutigen Längen nun die Golfplätze einer Veränderung bedürften, steht außer Frage.
Bei aller Kritik an seiner Herangehensweise wird aber gern vergessen, dass DeChambeau durchaus auch die Feinheiten des Spiels beherrscht, ohne die es trotz aller Kraft nicht geht. Im Fed-Ex-Cup, der Jahreswertung der PGA-Tour, führt er schon, in der Weltrangliste wird er auf Rang sechs geführt. Bis zur Spitze ist es wohl nur eine Frage der Zeit. Zumal DeChambeau mit seinem Spiel in Bay Hill gar nicht so zufrieden war. Der physischen Drohung ließ er am Ende eines denkwürdigen Turniers nämlich die verbale folgen: „Selbst, wenn ich nicht alle Komponenten meines Spiels zusammenhabe, bin ich in der Lage, abzuliefern und zu gewinnen.“
Diese Kampfansage DeChambeaus zeigt sichtlich Wirkung bei der Konkurrenz
Der Golfsport hat in seiner jahrhundertelangen Tradition schon viele Revolutionen hinter sich gebracht. Im Grunde hat er sie alle überlebt, dies mag sogar auf die von mir kritisierte Form des neuen Handicap-Systems gelten, wie eben auch auf Bryson DeChambeau. Darum sollten sich die Verantwortlichen eine Abänderung der Regeln genau überlegen.
In diesem Sinne wünsche ich allen Leserninnen und Lesern eine tolle (hoffentlich!) Golfsaison. Seien Sie, bei aller Freude über die Möglichkeit des Golfens trotzdem vorsichtig, beachten Sie die Gesundheitsvorschriften, nehmen Sie diese nicht auf die leichte Schulter, Impfen und Testen, Testen, Testen beachten Sie dies bitte!
Bleiben Sie gesund!
Ihr
Heinz Schmidbauer
Autor des Buches „Die Jagd nach Golf“
1 Kommentar
Guten Morgen Heinz,
mein GOLFATHLON, als eine Revolution im Amateurgolf, könnte gut zu Deinem hochinteressanten Beitrag Revolution im Profigolf passen. Auch uns „golf4you“-ler wird man abwerten, wenn wir SHORT GOLF aufwerten, indem wir das lange Golf ausklammern und mit diesem Golf, z.B.als KOLFATHLON, bei Festivitäten in Kleingartenvereinen oder in Buschenschänken auftreten. Mit SHORT GOLF haben wir keine Alternative, sondern eine Variante zum klassischen Spiel entwickelt, die Golf allen und überallhin zugängig macht. Wir starten daher unser Projekt nicht auf Golfanlagen, sonder möglichst weit abseits davon. Aber auch wir brauchen solche Persönlichkeiten wie Tiger Woods und Dechambeau, Persönlichkeiten des modernen Höchstleistungsgolfs, bewundert wie Götter. Es braucht aber auch Persönlichkeiten wie Dich, die mahnend aufzeigen, dass Golf nicht im „Himmel“ gespielt wird, sondern auf beiden Beinen, gut stabilisiert.
Nochmals Gratulation
Und viele Grüße
Jürgen