Der Golfmarkt wird erschüttert. Der größte und zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt ziehen sich aus dem Geschäft mit Golfausrüstung, und damit aus dem Golfmarkt, zurück.
Branchenprimus Nike hat in einer Pressemitteilung verkündet, dass sie die Produktion von Hardware, sprich Schläger, Bällen usw. (nicht Bekleidung und Schuhe) einstellen werden. „Nike, die Marke des Jahrhundertgolfers Tiger Woods”, dies ist eigentlich undenkbar! Konkurrent Adidas versucht ebenso, schon längere Zeit die Tochterfirma und Marktführerin Taylor Made mit allen was dazugehört, Bälle (auch Maxfly), Schläger usw. loszuwerden, da sie das Firmenergebnis und den Aktienkurs erheblich nach unten drückt.
Die Golfwelt in Aufruhr
Dies versetzt die Golfwelt natürlich in Aufruhr und die Warnlampen leuchten überall dunkelrot. Für Insider ist es jedoch schon lange kein Geheimnis mehr, dass der Golfmarkt stagniert, ja sogar abnimmt. Längst ziehen sich vor allem hierzulande auch die großen Sponsoren von Turnieren zurück und von ehemals vier PGA -Turnieren sind noch zwei übrig.
Was ist da geschehen? Seit Jahren stagnieren die Zahlen im Golfsport und sind rückläufig, auch wenn uns die Verbände und Clubs hierzulande anderes, aus deren Sicht verständlich, glauben machen wollen. Durch ständige Veränderungen zum Beispiel im Regelwerk versuchte man dieser Tatsache entgegenzuwirken. Wenn es einer Firma nicht gut geht, wechselt diese ständig Ihre Strategie, ein altes Warnsignal aus der Wirtschaft, vor allem wenn die neuen Strategien keine gewünschte Wirkung erzielen.
Nun mag der deutsche oder österreichische Markt mit verhältnismäßig wenig Golfern, aber einer zu großen Anzahl an Plätzen, weltweit keine so große Bedeutung haben, dass sich gleich die beiden Branchenführer komplett aus dem Markt zurückziehen müssten.
Probleme in den Kernländern
Aber auch in den Kernländern Großbritannien, USA usw. ( z.B Kanada mit 36 Millionen Einwohnern, ca 2200 Plätzen und 6 Millionen aktiven Golfern) stagniert der Markt so stark, dass man das Wirtschaftsfeld Golf lieber ein paar wenigen Herstellern überlässt. Schon immer ist die Industrie ein ehrlicher, unerbittlicher Gradmesser ob ein Wirtschaftszweig funktioniert.
Gnadenlos werden hier nicht funktionierende, dauerhaft rote Zahlen schreibende Firmen, geschlossen oder verscherbelt.
Was bedeutet dies für uns Golfer? Man kann es achselzuckend zur Kenntnis nehmen und sich über vielleicht günstigere Preise freuen, genauso wie bei den vermehrten Konkursen von Golfanlagen oder die Verantwortlichen in den Verbandsführungsetagen zu einer gründliche Reform drängen.
Die Behauptung, dass es eine Sättigung des Marktes gibt, kann man nur teilweise akzeptieren, sonst könnte die Autoindustrie schon längst keine neuen Autos mehr verkaufen.
Das Golf in Deutschland und Österreich eine Randsportart ist und voraussichtlich auch bleiben wird, hängt mehr am sozialen Umfeld wie in diesen Ländern die Menschen leben. Ein Leben in Clubs wie im angloamerikanischen Raum ist hier unbekannt, aber dort der Nährboden für den Golfsport. Eine Änderung der Lehrpläne im Sportunterricht zu Gunsten von Golf ist angesichts der Dominanz der Volkssportarten Fußball, Tennis oder Ski nicht zu erwarten. Die dichte Besiedlung in den bevölkerungsreichen Regionen lässt zudem keinen Raum für günstige, öffentliche Plätze.
Verbunden mit den vielen aufgestellten Hürden durch die Clubs und Verbände selbst, sprich Regelwerk, Platzreife, Zwangsmitgliedschaft in Clubs usw. sind dies einige Punkte die man bei uns überdenken, ja sogar über Bord werfen sollte, um einen weiteren Abfall zu verhindern.
Ein Geheimrezept wie man die Abwärtsspirale stoppt, gibt es nicht, da zu viele Faktoren eine Rolle spielen. Die wirtschaftlichen und sportlichen Probleme unseres Sportes habe ich unseren Lesern in vielen meiner Artikel in den letzten Jahren oftmals versucht nahezubringen. Wahrscheinlich muss eine gründliche Reform auch im ganzen System Golf bei uns von außen kommen, den von innen heraus wird sich nur was ändern, wenn der wirtschaftliche Druck noch größer wird.
So gesehen könnte der Rückzug von Nike und Adidas als ein Zeichen zur Veränderung gesehen werden.
Heinz Schmidbauer