Soll es im Golf die Erlaubnis des Denunzierens von Dritten geben oder führt dies zu Ungleichheit? Gerade jetzt, zu Beginn des ersten Majors, sitzen wieder Millionen Golfer, darunter auch Millionen selbsternannter Regelexperten, vor den Fernsehern.
Schon öfters ist es vorgekommen, dass TV Zuschauer Regelverstöße von Profis während eines Profi-Turnieres gesehen haben (oder vermeintlich meinten dies gesehen zu haben) diese dann, woher auch immer diese Zuseher die entsprechenden Telefonnummern hatten, an das Schiedsgericht des laufenden Turniers meldeten.
Ich kann mich an einige Fälle in der Vergangenheit erinnern, z.B. Craig Stadler (Spitzname „the Walrus“), der saß bereits als Sieger eines Turniers im Flugzeug nach Hause, als man ihn auf den Einwand eines Fernsehzuschauers hin disqualifizierte.
Selbst Tiger Woods kassierte einmal während des Turniers zwei Strafschläge. Aber er hatte immerhin die Möglichkeit, diesen Regelverstoß, den er sogar unbewusst gemacht hatte, wieder aufzuholen bzw. zu korrigieren.
Korrektheit ist grundsätzlich gut, im Speziellen aber ist das Dilemma komplexer. Die Ansicht „die Tradition“ der Meldung eines Verstoßes soll dieses Vorgehen rechtfertigen. Nun sind die Urteile von Zuschauern aber völlig beliebig: TV-Kameras können nicht alle Golfer im Bild zeigen, ein Fan auf dem Platz kann schwerlich jeden Schlag begutachten. Wenn die Einhaltung der Regeln neben dem „Gentlemanship“ auch zum Ziel hat, dass im Golf die Sportler alle unter den selben Voraussetzungen den Sport ausüben sollen, stiftet die Erlaubnis des Denunzierens von Dritten nur Ungleichheit.
Ein Videobeweis im Nachhinein ist nur situationsbedingt möglich. Viel zu viele Faktoren können zum Beispiel den Sichtwinkel beeinflussen oder verzerrt darstellen, wenn die Kameraposition verschieden sind und so weiter. Will man hier gerecht sein müsste eine Unmenge an Schiedsrichtern oder Kameras bei jedem Schlag jedes Spielers dabei sein. Aber wollen wir das?
Zwei Strafschläge vom Fernsehzuschauer
Der aktuelle Fall: Die Amerikanerin L. Thompson führte in der vierten Runde des ersten Majors des Jahres in Rancho Mirage mit zwei Schlägen. Da eröffnete ihr ein Turnier-Offizieller: Es gebe den Hinweis eines Fernsehzuschauers, Thompson habe am Vortag, in der dritten Runde, auf dem Grün der 17. Bahn, den Ball aufgehoben, ihn aber nicht an die selbe Stelle zurückgelegt, sondern einen Zentimeter daneben. Die US-Frauen-Tour urteilte laut Reglement: zwei Strafschläge fürs Spielen des Balles von falscher Position, plus zwei Strafschläge fürs Unterschreiben einer falschen Scorekarte. Thompson wurden also während der letzten Bahnen vier Strafschläge aufgebrummt. Sie konnte sich aber trotzdem in der 4. Runde ins Stechen retten, welches sie aber verlor. Thompson blieben Platz Zwei, Tränen und Beileid vieler Kollegen, sogar Tiger Woods mailte:
„Zuschauer daheim sollten keine zusätzlichen Schiedsrichter sein“.
Dieses nachträgliche Eingreifen in Regelverstöße, man stelle sich mal vor im Fußball sieht ein Zuseher Handspiel im Strafraum und der Verband annuliert am nächsten Tag das Ergebnis, undenkbar!
Natürlich, muss der Golfsport den Rahmen der Turniere mit Regeln festlegen. Aber die „Regeloberen“ sollten sich nicht hinter der angestaubten Haltung „Regel ist Regel“ verstecken und Eingriffe Dritter Personen in ein laufendes Turnier, zumal noch mittels TV – Bilder, verbieten.
Die R&A in Schottland und die USGA in den USA wollen per 2019 die Regeln ändern um das Spiel zu vereinfachen. Der Druck durch weltweit zurückgehenden Golfspieler veranlasst diesen Bruch mit der vermeintlichen Tradition. Ursprünglich stammen die ersten schriftlich festgehaltenen Golfregeln aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie wurden 1744 von den Gentlemen Golfers of Leith (heute bekannt als „Honourable Company of Edinburgh Golfers“ von Muirfield), einem der ältesten Golfclubs der Welt, aufgesetzt und umfassten 13 Regeln.
Die Aufblähung und der Umfang der heutigen Regeln kommt doch fast einem kleinem Jurastudium gleich. Die Einsicht zur Vereinfachung ab 2019 kommt spät. Warum aber schließt man da ein Denunziantentum nicht aus? Golfprofis sind im Laufe der Jahrzehnten in verschwindend geringer Anzahl bei bewussten Regelverstößen ertappt worden. Durch die harte Schule des Profisports wissen sie um die Konsequenzen, den wenn sie beim bewussten „Schwindeln“ ertappt würden, ist meist eine lebenslange Sperre die Folge.
Unabhängig davon, so kenne ich es, ist den Golfprofis bewusst, welche Botschafterrolle sie für Ihren Sport haben und welche Auswirkungen bewusste Regelverstöße auf Amateure haben.
Auch wenn eine Regelverstoßmeldung durch Fernsehzuseher zunächst gerecht klingt, sie stiftet nur Ungleichheit, es sei den man führt den Videobeweis für jeden einzelnen Schlag jedes Spielers ein.
Eine gute und rechtzeitige Erziehung der Golfer zur regelkonformen Spielweise ist in meinen Augen die wesentlich bessere Alternative und ich bin der Meinung, dass hier fast alle Profis ein Vorbildfunktion einnehmen.
Mit den besten Wünschen für eine regelkonforme Golfsaison
Ihr
Heinz Schmidbauer
1 Kommentar
Heinz Schmidbauer trifft mit seiner Kritik zielsicher wie immer ins Schwarze.
Es ist unerträglich, wenn destruktive Zeitgenossen vor dem TV-Schirm sitzen und Profi-Golferinnen aus purer Zerstörungslust den verdienten Sieg nehmen. In diesem Fall bedurfte es schon einer besonders feindseligen Energie, um einen unverhältnismäßigen Schaden zu verursachen. Aus dieser Distanz hätte ein Anfänger blind einlochen können. So wird die Regel zur Schikane. Es stellt sich daher die Frage „cui bono?“ Interessant wäre das Motiv dieses „netten Menschen“. Hat ihn die eigene Wichtigkeit angetrieben, oder gar ein spezielles Interesse, die Chancen der sich abzeichnenden Siegerin empfindlich zu schmälern – zum Vorteil anderer? Hier offenbart sich ein Schlupfloch für schmuddeliges Denunziantentum. Es sollte von den „Golf-Weisen“ rasch geschlossen werden. “
dr. silvester schröger
a-5020 salzburg