Die Anspannung wächst. Sie liegen zum Birdie? Jetzt zählt nur noch eines: Raus mit allen Reserven, ran ans Limit! Manche GolferInnen brauchen genau diese Extremsituationen, um Leistung abrufen zu können. Sie brauchen das Stresshormon Adrenalin. Aber wie funktioniert das genau? Was passiert dabei im Körper?
Adrenalin mobilisiert alle Kräfte
Adrenalin ist ein körpereigenes Nebennierenhormon, das in Stress- und Gefahrensituationen ausgeschüttet wird. Gesteuert wird dies vom Gehirn (Hypophyse, Hypothalamus) aus.
Wenn der Körper auf den Punkt alles geben muss, wird eine Reihe von blitzschnellen Reaktionen ausgelöst: Das Gehirn gibt das Signal, dass Gefahr droht, die Nebennieren schütten jede Menge Adrenalin aus. Der Blutdruck steigt, das Herz pumpt schneller und die Atmung beschleunigt sich. Damit das Atmen leichter fällt, weiten sich die Bronchien. Der Blutzuckerspiegel schnellt in die Höhe, und der Fettabbau wird angekurbelt: Alle Energiereserven werden jetzt mobilisiert.
Man verdrängt Schmerzen, Hunger- oder Durstgefühl – durch freigesetztes Noradrenalin. Dieser Neurotransmitter macht den Geist wach, steigert das Reaktionsvermögen und die Motorik und fördert die Konzentration. Alles, was der Höchstleistung im Weg steht, beispielsweise die Verdauung, wird kurzzeitig ruhiggestellt. Der Organismus zieht das Blut aus weniger wichtigen Bereichen ab, nicht benötigte Muskeln entspannen sich. Dafür holen sich das Herz und die aktive Muskulatur alles, was an Reserven vorhanden ist.
Bedeutsam ist die Wirkung des Adrenalins auch insbesondere für das menschliche Herz. Das Hormon wirkt erregungs- und frequenzsteigernd und stimuliert die Kontraktionsfähigkeit des Herzmuskels. Dieses Hormon, auch Epinephrin genannt, wird im Nebennierenmark produziert.
Damit Adrenalin seine Effekte ausüben kann, ist es auf viel Sauerstoff angewiesen. Um auf mehr Sauerstoff zurückgreifen zu können, bewirkt Adrenalin eine Erweiterung der bronchialen Muskulatur. In gefährlichen Situationen soll dadurch das Überleben gesichert werden. Flucht oder Kampf sollen durch die Mobilisierung der Körperenergie und der vorübergehenden Inaktivierung nicht benötigter Prozesse optimiert werden.
Hier setzen auch viele Dopingmittel an. Gott sei Dank ist Doping wenig sinnvoll im Golfen. Bekanntermaßen werden verbotenerweise eher beruhigende Mittel (Valium), wenn überhaupt, missbräuchlich verwendet.
Als Jäger kann ich Ihnen ein Beispiel geben. Des Öfteren ist mir schon passiert, dass ein Stück Wild, trotz eines perfekten Blattschusses (Herzschuss), noch hundert Meter und mehr weiterläuft. Normalerweise fallen so getroffene Tiere sofort um.
Auch hier ist das Adrenalin schuld, dass der Körper so reagiert. Es hat auch nachteilige Auswirkungen auf den Genuss des Wildfleisches.
Süchtig nach dem Kick
Das Adrenalin hebt uns für einen kurzen Moment auf ein anderes Level. Der Abschlag kann noch so eng, der Putt noch so weit entfernt sein, die Zuschauer mögen noch so toben, der Sieg so nahe sein – was bisher ein Hindernis war und den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hat, wird plötzlich überwindbar. Die Angst wird zum Mitspieler, der Druck zum ultimativen Kick.
Der Rausch ist jedoch nicht von langer Dauer: Nach seiner Freisetzung wird Adrenalin zügig wieder abgebaut. Schon nach wenigen Minuten beträgt die Hormonkonzentration im Blut nur noch die Hälfte, der „Flow“ ebbt ab. Viele werden jetzt sagen, der Verfasser sieht dies aus seiner Sicht eines Berufsspielers. Nein, auch beim noch so scheinbar „unwichtigen“ Freundschaftsspiel, Clubmeisterschaft im Amateurbereich, tritt der gleiche Effekt auf.
Wenn wir unsere Belastungsgrenze überschreiten, wird jedoch nicht nur das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet, sondern auch jede Menge Dopamin und Endorphin. Endorphine sind körpereigene Schmerzstiller, Dopamin ist für Euphorie und Glücksgefühle verantwortlich. Die beiden Neurotransmitter bringen uns bei hoher körperlicher Anstrengung wieder ins Gleichgewicht und lassen uns Extremsituationen leichter ertragen.
Und das ist es, was am Adrenalinkick eigentlich süchtig macht: Das Gefühl, das sich unmittelbar danach einstellt. Man hat seine Grenzen überwunden, sich der Herausforderung gestellt und man hat es geschafft! Wer das sprudelnde Glücksgefühl nach der alles einfordernden Anspannung einmal erlebt hat, sucht schon bald die nächste Herausforderung. Jetzt kommen wir auf den Punkt. Es gibt Spielertypen, die das „Siegergen“, das Gewinnen wollen in sich tragen. Darum sind ehemalige Profisportler aus anderen Sportarten im Golfsport verhältnismäßig schneller erfolgreich als Nichtsportler. Sie haben eben dieses Gen des Gewinnen wollens in sich. Oft habe ich mit Profikollegen vor den eigentlichen Turnieren gespielt und fast immer liefen dabei Wetten mit. Sogar beim Putten auf dem Puttinggreen.
Wie trainiere ich?
Die Hirnwellenaktivität, die wir, wie oben beschrieben, ja brauchen, wird zusätzlich zu den körperlichen Belastungen von Emotionen bestimmt, die wiederum durch die Ausschüttung von Adrenalin hervorgerufen werden. Aus diesem Grund sollte sich der/die Golfer/in seine/ihre Emotionen während des Aktivierungsniveaus (Training) gut merken, um bei Wettkämpfen und Turnieren leichter darauf zurückgreifen zu können. Das Gleiche gilt für Konzentrationsübungen: Wenn man den Zustand der vollkommenen Konzentration erreicht hat, sollten die Gefühle, die man in dieser Situation verspürt, eingeprägt werden.
Emotionen helfen Sportlern, sich in nutzbare mentale Zustände zu versetzen
Darum:
- Setzen Sie sich in Ihrem Training immer Ziele, die Sie erreichen müssen. Aber auch bei Nichterreichung geben Sie sich quasi eine Strafe, die Übung so oft zu wiederholen, bis Sie es fehlerfrei können. Dies ist wichtig, sonst verspüren Sie keinen Druck!
- Beispiel: 10 Putts müssen eingelocht werden, aus diversen Entfernungen.
- 10 Schläge mit dem Eisen 7 müssen im Umkreis von 5 Metern bei der 130-Meter-Markierung liegen. Und viele ähnliche Beispiele.
- Spielen Sie bei der Feierabendrunde mit Ihren Freunden immer um irgendeinen Preis. Sei es nur um das Getränk oder beispielsweise das „Last in“.
- Von meinem alten Lehrmeister Arnold Palmer wurde erzählt, dass er als kleiner Junge im Latrobe Golfclub, USA, bei einer Spielbahn, wo man zum Ende des Loches über einen Teich spielen musste, auf Spieler wartete. Der Knirps Palmer wettete dann mit Spielern um ein paar Cent, dass er mit einem Eisen 7 das Grün über den Teich erreichte. Der Dreh oder Kick dabei war, dass er selbst meist nicht einen Cent in der Tasche hatte, der Druck also sehr groß für ihn war. Er lernte damit von Kindheit an, wie man mit Druck und Adrenalin umgehen muss.
- Lernen Sie, mit dem Druck und erhöhten Adrenalin umzugehen, indem Sie sich Ziele setzen. Sie werden sehen, wie es Ihnen zunehmend Spaß macht.
Merke: Wer keine Ziele hat, muss sich nicht wundern, wenn er nicht ankommt!
Viel Spaß und schönes Spiel
wünscht
Ihr
Heinz Schmidbauer