Gerade im Golfsport, dem man nachsagt, dass er „zwischen den beiden Ohren“ gespielt wird, spielt das Nervensystem, neben den motorischen Fähigkeiten, eine große Rolle. Ein gutes Beispiel geben immer wieder Ex-Profisportler aus dem Ballsportbereich, die trotz manchmal mangelnder Technik, sehr schnell große Erfolge beim Golf erziehen. Was machen die anders als Otto NormalgolferInnen?
Diese Sportlerinnen und Sportler sind den Wettkampfdruck gewohnt und können besser damit umgehen. Was meine ich mit dem Wettkampfdruck? Unser Nervensystem, bestehend aus dem Simpathikus und dem Parasympathikus, braucht wie viele andere Dinge in unserem Körper eine gute Balance.
Der Sympathikus hat die Aufgabe, unseren Körper anzuregen und uns auf Stress – und Drucksituationen (Gefahren) vorzubereiten. Er erhöht alle Aktivitäten jener Organe, die schnell auf Stress reagieren sollen. Dies alles passiert, ohne dass wir es willentlich beeinflussen können.
Der Parasympathikus ist sein Kontrahent. Er ist dafür zuständig, dass sich die Organe und der Körper nach einer Anspannung wieder beruhigen. Diese Beiden sind wie Pol und Gegenpol, Plus und Minus.
Gerade im Golf, besonders bei Turnieren oder brenzligen Situationen, ist es wichtig, die aufgebaute Anspannung vor einem Schlag auf ein gesundes Minimum zu reduzieren. Durch viele solcher Situationen müssen wir lernen eine gute Balance zu finden.
Folgende Ratschläge, wenn Sie ein eher überaktiver und unter Stress überagierender Mensch sind, vor der Runde:
- Bevor Sie eine Golfrunde angehen, sollten Sie bereits bei der Anfahrt zum Golfplatz genügend Zeit verwenden und nicht mit dem Auto zum Golfplatz rasen. Fahren Sie komplett relaxed. Schalten Sie Ihre Lieblingsmusik ein und genießen Sie die Fahrt zum Platz.
- Lassen Sie Ihr Smartphone im Auto und nehmen es nicht mit auf die Runde.
- Gehen Sie vor der Runde in eine ruhige Ecke auf dem Golfplatz, bei schönem Wetter, gehen Sie barfuß und atmen den Duft des Grases ein.
- Suchen Sie sich eine Strecke von 10- 15 Schritten, gehen Sie diese vor- und zurück und atmen Sie dabei ganz gezielt aus und ein. Versuchen Sie dabei ganz bewusst, Ärger, den Sie tagsüber hatten, an die Wiese abzugeben.
- Lächeln Sie, denken Sie an eine nette Begebenheit, an nette Menschen, an schöne Erlebnisse im Golf, an besonders gute Schläge, während Sie Ihre Schritte im Gras machen.
- Bevor Sie nun sich zum Spielen bereit machen: Ordnen Sie das Chaos in Ihrem Bag. Manchmal macht das Chaos kreativ, aber meist führt Unordnung dazu, dass man sich nicht mehr konzentrieren kann. Fehler sind die Folge. Wenn Sie ganz bewusst Ihr Bag in Ordnung bringen, die Eisen sortieren, den Putter und die Hölzer, die Trinkflasche und die Tees einsortieren, nebenbei alte Scorekarten entsorgen, räumen Sie damit auch innerlich etwas Druck auf und diese Arbeit beruhigt die Stresshormone und gibt Sicherheit.
Auf der Runde: Sie kommen in eine Situation an eine Spielbahn, bei der Sie immer schlechte Erfahrungen gemacht haben, Outball, Wasserball! Dies kann zu einer Stresssituation und Daueranspannung führen, die Sie vielleicht nicht direkt spüren, aber unbewusst wirkt sich dies destruktiv aus.
Was tun?
- Schließen Sie die Augen, versuchen Sie die schlechte Erfahrung, welche die Anspannung im Rücken oder den Druck in der Magengegend erzeugt, durch tiefes Aus- und Einatmen zu begegnen. Schließen Sie das rechte Nasenloch mit dem Ringfinger der rechten Hand. Der Daumen der rechten Hand liegt an der Basis des rechten Ringfingers.
- Stellen Sie sich vor, wie Sie auf der Driving Range einen besonders guten Ball geschlagen haben, das daraus resultierende Wohlgefühl flutet dabei die linke Seite Ihres Körpers. Halten Sie am Ende der Einatmung kurz an. Schließen Sie dann das linke Nasenloch mit dem rechten Ringfinger und atmen Sie tief aus. Dies machen Sie dreimal.
- Danach machen Sie ein paar ganz besonders tiefe Atemzüge, bei dem sich Ihr Brustkorb hebt und senkt und nehmen dabei die rechte Körperseite wahr.
- Nun wiederholen Sie das Ganze mit der anderen Körperseite.
Dies hört sich in der Theorie leicht an, aber während eines Spieles, wenn Sie in Ihrem Flight sind, vor und hinter Ihnen Spieler sind, muss man die Zeit finden, wann man es machen kann. Während man am Tee wartet, bei einem Par 3 beispielsweise, wenn man auf einen Vorderflight aufläuft und warten muss. Bedenken Sie aber, dass Sie keine Verzögerungen im Spiel verursachen sollen.
Als eine verkürzte ähnliche Version empfehle ich dies: Während Sie sich auf einen neuen Schlag vorbereiten und etwas Zeit haben, schließen Sie kurz die Augen, pressen Sie den Daumen z.B. der rechten Hand fest in die Handfläche der linken Hand und halten diesen Druck ein paar Sekunden aufrecht. Versuchen Sie dabei an nichts zu denken. Dann machen Sie das Gleiche mit der anderen Seite.
Vielleicht liebe Leser/innen helfen Ihnen meine Tipps Ihre Balance zwischen Anspannung und Spannung zu finden und Ihr Golfspiel zu verbessern.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne Saison.
Ihr
Heinz Schmidbauer