Vor Beginn einer neuen Saison überlegen sich manche Golfer eine neue Ausrüstung oder einen neuen Driver zu kaufen, um mehr Länge in ihre Schläge zu bekommen.
Die Frage nach der Distanz treibt die Golfer seit dem Beginn dieses Sports an. Selbstverständlich ist die Distanz ein entscheidender Punkt, besonders im heutigen Spiel, beeinflusst durch die längeren Spielbahnen und die verbesserte Ausrüstung. Voraussetzung für die Distanz ist es zu wissen, was der wesentlichste Faktor für die Weite ist, nämlich:
Die Schlägerkopfgeschwindigkeit im Treffmoment (Impact).
Die Schlägerkopfgeschwindigkeit hat nach den Gesetzen der Physik die entscheidende Wirkung auf die Flugweite des Balles, vorausgesetzt, dass alle übrigen Faktoren perfekt sind. Denn dann entscheidet allein die Schlägerkopfgeschwindigkeit darüber, wie viel Energie auf den Ball übertragen wird, ergo wie weit der Ball dann fliegt.
Wissenswert ist zudem, dass eine hohe Schlägerkopfgeschwindigkeit einen hohen Rückwärtsdrall erzeugt, besonders wenn der Ball horizontal in der Mitte des Schlägerblattes getroffen wird.
Sogenannte Longhitter haben die Fähigkeit durch Ihre körperliche
Voraussetzungen – wie Kraft- und Koordinationsfähigkeit, gepaart mit der richtigen Materialauswahl – eben die größte Schlägerkopfgeschwindigkeit im Treffmoment zu erzeugen.
Um Ihnen ein Überblick über die Schlägerkopfgeschwindigkeiten zu geben:
durchschnittlicher Amateur | 95 mph (153 km/h) |
guter Amateur | 105 mph (169 km/h) |
durchschnittlicher Golfprofi | 122 mph (196 km/h) |
Longhitter | 136 mph (218 km/h) |
Von entscheidender Bedeutung ist aber auch die Konstanz. Die meisten Profis schaffen es, mit nur minimaler Abweichung immer die gleiche Schlägerkopfgeschwindigkeit zu erzielen, ganz im Gegensatz zu Otto-Normalgolfer.
Viele Golfer, insbesondere im zweistelligen Handicapbereich, haben nicht die oben erwähnten körperlichen Eigenschaften, um die maximale Schlägerkopfgeschwindigkeit während Ihres Golfschwungs zu erreichen und versuchen dieses Manko durch den Kauf von „Wunderschlägern“ zu ersetzen.
Leider gibt es meiner Erfahrung nach diese „Wunderwaffe“ nicht. Auch das viel gepriesene Fitting, also das individuelle Anpassen der Schläger, ist beim Durchschnittsgolfer, wenn dieser nicht stark von der Norm abweicht (nur selten handelt es sich um einen sehr groß oder klein gewachsenen Spieler), ziemlich wirkungslos. Es gilt die Regel: 90 Prozent der industriell gefertigten Schläger sind für 90 Prozent der Golfer perfekt, wenn die richtige Auswahl an Schaftstärke und Material getroffen wird. Gehen Sie bei der Beratung Ihrer Ausrüstung zu Ihrem Golfpro, nur er kennt Ihren Schwung und Ihren Spielstil wirklich. Dies kann kein noch so tolles Computerprogramm, geschulte Verkäufer oder die Ratschläge der Golffreunde ersetzen.
Verständlicherweise ist jeder Golfer entzückt, wenn er im Fernsehen sieht, dass Martin Kaymer ein 7er Eisen 190 Yards (ca. 170 Meter) weit schlägt und ist versucht, dies nachzuahmen. Zwangsläufig tritt die Frage auf: Ist die Distanz heute im Golfsport überbewertet oder doch sehr wichtig in der Golfwelt!
Meines Erachtens treffen beide Aussagen zu. Überbewertet ja, gerade für die meisten Amateurspieler. Sehr wichtig ja, im Spitzengolf.
Wenn ich mich an die Zeit so um 1980 zurückerinnere, war die durchschnittliche Driverweite laut Tourstatistik damals ca. 257 Yards (circa 230 Meter). Es wurden noch überwiegend Persimmon-Driver verwendet.
Martin Kaymer kam 2014 laut der Statistik der European Tour mit seinen Abschlägen im Schnitt auf 296 Yards (271 Meter) – und ist damit noch nicht der Weiteste im erlauchten Kreis der Topspieler.
Übereinstimmend mit der USGA Golfkurs-Rating-Formel, dass alle 200 Meter bei Herren, (162 Meter bei Damen)
Schlaglänge einem Schlag gleichzusetzen sind, stellt sich natürlich schon die Frage: Wie wirken sich 10, 20 oder 30 Meter mehr Länge aus? Es ist leicht auszurechnen, wie viele Schläge man sich damit auf einer 18 Lochrunde und einem 6300 m langen Golfkurs theoretisch einsparen könnte.
Gott sei Dank müssen aber Spieler mit weniger Schlagweite nicht verzweifeln. Wie man auch von der PGA-Tour weiß, haben durchaus auch Spieler, die nicht zu den Longhittern gehören (Bernhard Langer etwa), Siegeschancen. Dies gilt also auch für den Golfer oder Amateur mit fehlender Länge, vorausgesetzt er erarbeitet sich :
- Eine hohe Zielgenauigkeit, d. h. anstelle von Länge präzise gerade
Schläge; - er kennt seine genauen, wiederholbaren Schlaglängen
- er verfügt über ein ausgezeichnetes kurzes Spiel bzw. Puttvermögen;
- sein Kursmanagement (d. h. die Anpassung des eigenen Spielvermögens an den Golfkurs) ist ein wichtiger Bestandteil seines Spiels.
Die Vorteile, welche Longhitter vermeintlich gegenüber kürzeren Spielern haben, werden aber oft durch die bei diesen Spielern manchmal nicht so ausgeprägten Fähigkeiten, besonders im Bereich der Genauigkeit und des kurzen Spiels, ausgeglichen. Es gilt meines Erachtens immer noch die alte Weisheit:
Der Schlag zum Grün ist der wichtigste Schlag im Golf
Egal welcher Sorte Golfer Sie angehören, Longhitter oder Shorthitter, versuchen Sie in erster Linie Ihre natürlichen Stärken zu verbessern. Und durch gutes Kursmanagement werden Sie bessere Scores erzielen.
Versuchen Sie also in der Vorbereitung zur neuen Golfsaison Ihr Training mit Ihrem Pro auf Ihre Fähigkeiten abzustimmen.
Ein schönes erfolgreiches Spiel
wünscht Ihnen
Heinz Schmidbauer
Falls Sie liebe Leserinne und Leser, sich mit dem Thema beschäftigen, gerne stehe ich mit Ratschlägen unter: schmidbauer@golfsportmagazin.de zur Verfügung!