Die Golfjahr neigt sich dem Ende entgegen. Eine willkommene Verschnaufpause nach einer langen Turniersaison. Zumindest für einen Teil der Golfer (wohingegen andere Golfspieler Turniere als Zeitverschwendung sehen). Der Winter hält Einzug und es stellt sich somit die Frage: Was passiert mit dem Bewegungsgefühl und der speziellen Golfmotorik während der Winterpause?
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Muskulatur lässt nach
Das Bewegungsgefühl, welches während der Golfsaison regelmäßig geschult wird, um den sehr komplexen Bewegungsablauf beim Golfen zu stabilisieren, baut sich in der Winterperiode relativ rasch ab. Ebenso lässt die golfspezifische Muskulatur nach und reduziert sich auf das Normalmaß. Ein „Good Bye“ für die bereits verinnerlichten langen Drives und das präzise Eisenspiel ist vorstellbar. Distanz- und Rhythmusgefühl für Chip und Putt gehen durch fehlende Übung schnell verloren.
Falscher Muskelaufbau ist schädlich
Ersatzweise gehen deshalb viele Golfer den Winter über gerne ins Fitnessstudio. Aber Vorsicht dabei, denn nicht golfspezifisches Training in Fitness-Studios kann negativen Einfluss auf Ihr Golfspiel haben. Zuviel Muskulaturaufbau an den falschen Muskeln ist für das Golfen schädlich. In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis: Schwimmen oder Baden vor einer Golfrunde ist keine besonders gute Idee, da die Muskulatur die für das Golfspiel notwendige Spannung verliert.
Vorsicht beim Skifahren
Viele Golfer betreiben im Winter Skisport, der natürlich andere Koordinations- und Bewegungsabläufe trainiert, als der Golfsport und selbstverständlich auch eine korrekte, besondere konditionelle Vorbereitung erfordert, um Verletzungen zu vermeiden. Durch die erforderliche Kräftigung der Beinmuskulatur für das Skifahren können negative Einwirkungen auf Ihren Golfschwung eintreten, wie ich oft zu Saisonbeginn feststellen muss bei Golfern, die im Winter sehr viel Ski gefahren sind. Aber keine Angst, Sie müssen nicht gleich auf das Skifahren verzichten. Sie müssen nur für richtige Kombination und Kontrolle durch erfahrene Trainer in der Wintersaison dafür Sorge tragen, dass Ihr Golfschwungrhythmus nicht ganz verloren geht.
So gesehen entwickelt sich diese spielfreie Winterzeit für viele Golfer immer mehr als ideale Periode zur Vorbreitung auf die kommende Saison, was uns automatisch zum Thema Leistungssteuerung bzw. Leistungsdiagnostik führt.
In vielen Sportarten wie z. B. der Leichtathletik arbeiten die Sportler mithilfe Ihrer Trainer und Mediziner gezielt auf Schwerpunkte für Ihre kommende Saison hin. Man versucht, mit dem richtigen Trainingsaufbau zu terminierten Veranstaltungen den Leistungshöhepunkt des Athleten zu bestimmen. Während meiner Tätigkeit (und dem Mitaufbau) des Olympiastützpunktes Obertauern in Österreich war dies mit vielen Sportlern, vor allem Skisportlern möglich und auch erfolgreich. Besonders Heini Bergmüller, damals Leiter des OSP, trug einen wesentlichen Anteil z. B. an den Erfolgen eines Hermann Maier mit seiner Leistungsdiagnostik bei.
Jedoch ist der beste Trainingsaufbau und die Steuerung auf ein bestimmtes Ziel hin, wie z. B. die Olympischen Spiele, immer wieder auch gewissen Unwägbarkeiten ausgesetzt (Krankheiten, Verletzungen, etc.). Aber kein Athlet, ja nicht einmal „Otto Normalverbraucher“, kann jahraus-jahrein in seinem Sport oder Beruf täglich Höchstleistungen erzielen. Durch die jüngst Publik gemachten Burn-Out-Syndrom-Fälle, besonders in Stressberufen, zeigte sich in letzter Zeit die Belastbarkeit des Menschen, wenn vom Umfeld permanent Höchstleistung eingefordert wird.
Die Leistungssteuerung
Spitzenprofigolfer spielen jährlich ca. 25 Turniere. Auch aus meiner eigenen Spielerzeit weiß ich, dass Profis sich einen Spielplan für das Jahr zurechtlegen. Aufbauturniere und Turniere, wo man seine jährlichen Höhepunkte erreichen will, Trainings- und Ruhephasen, dies alles teilt sich ein Spitzenpro heute zusammen mit seinen Coaches individuell ein.
Meiner Erfahrung nach legen sich 90 Prozent der Amateur- und Hobbygolfer keinen Spielplan für eine Saison zurecht. Die Mehrheit der Hobbygolfer hegt den Grundgedanken, dass man die ganze Saison immer das gleiche Niveau (sprich Handicap) erreichen muss. Und vielfach geht dieser Gedanke noch weiter: Eine jährliche Verbesserung – verbunden mit der utopischen Vorstellung, die an eine einmalig erzielte Leistung gekoppelt wird – ist fest im Hirn der meisten Hobbygolfer verankert. Von einer Leistungssteuerung bzw. Einteilung eines ganzen Golfjahres, wie oben erwähnt, davon haben die meisten Amateurgolfer noch nie etwas gehört. Was dann eintritt, ist überwiegend Frust, wenn nämlich die hochgesteckten Ziele und Ansprüche während einer Saison nicht erreicht werden.
Vorsicht vorm Prestigedenken
Viel zu häufig vergisst der Hobbygolfer, dass Golf für ihn in erster Linie Spaß und Freude bedeuten sollen. Prestigedenken (Handicap!) und zu wenig und vor allem auch die richtige Vorbereitung auf eine Golfsaison stehen hier im Wege. Als vor ca. 20 Jahren eine breitere Masse an Interessierten mit dem Golfspiel bei uns begann, war das Ziel, weg von der Platzreife hin zu einem bestimmten Handicap, verhältnismäßig schnell erreichbar. Nach ein paar Jahren trat ein, was normal ist: Eine Stabilisierung bzw. ein Einpendeln auf ein bestimmtes, individuelles Spielniveau. Und ja, mit zunehmendem Alter, was unweigerlich jeden Menschen trifft, verzeichnen viele Sportler naturgemäß einen Leistungsrückgang. Berufliche, finanzielle und medizinische Schwankungen in den Jahren sind dabei ebenso wenig berücksichtigt worden. Hauptsache man hat ein bestimmtes Handicap erreicht, auch wenn man es nun nicht mehr spielen kann. Dies führt bei vielen Golfern zu einem Frustverhalten, was zur Verweigerung bei der Teilnahme an Turnieren führt, damit man sich nicht blamieren muss oder das Gesicht verliert und vielfach sogar bis hin zur Aufgabe des Sports.
Anstelle zu erkennen, dass Golf weltweit der einzige Sport ist, wo es ein Handicapsystem gibt, welches dem tatsächlichen Leistungsstand eines Spielers unter Berücksichtigung des Alters, beruflicher Situationen o. ä. Tribut zollt, aber auch voraussetzt, dass dieses System dem tatsächlichen Spielvermögen zumindest jährlich angepasst wird, steht hierzulande dem gegenüber das Prestige- und Anspruchsdenken und somit herrscht ein anderes Denken über den Golfsport als in den klassischen Golfländern.
Die geplante Änderung im Handicapsystem, eine leider noch zu komplizierte Variante des US- Systems, wird es künftig erlauben, diesen Bedürfnissen der Amateurgolfer entgegenzukommen und hoffentlich die Einsicht entwickeln, dass jeder persönlich Interesse an einer Spielvorgabe hat, die seinem tatsächlichen aktuellem Spielniveau entspricht, unabhängig von jedweden Prestigegedanken!
Die Frage lautet nun: Wie bereite ich mich auf die kommende Saison vor?
Das Gefühl für Schläger und Ball sollte auf alle Fälle durch einen gelegentlichen Besuch bei einigermaßen schönen und etwas wärmeren Wintertagen auf der Range konserviert werden, soweit dies das Klima bei uns zulässt. Um technische Schwächen am Golfschwung auszumerzen, eignen sich gerade der Spätherbst und die wärmeren Winter- bzw. Frühlingstage. Wenn nicht in diesem Zeitraum, wann dann? Ideal wäre es natürlich, wenn Sie hierzu Ihren Pro hinzuziehen könnten.
Mein persönlicher Tipp an Sie, liebe Leserinnen und Leser: Suchen Sie gemeinsam mit Ihrem Golfpro eine Möglichkeit zum regelmäßigen Training, auch in der Winterphase, damit Ihnen der Bewegungsablauf für den Golfschwung nicht ganz verloren geht. Lassen Sie sich von ihm auch Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie ein richtiges Fitnesstraining im Winter gestalten. In der Frühjahrszeit führt m. E. kein Weg vorbei an einem oder mehreren Trainingsaufenthalten in südlichen Gefilden mit Ihrem Pro. Mit einem guten Pro spielen Sie nicht nur einfach ein paar Plätze in der Sonne, sondern er wird mit Ihnen auch ein tägliches Schulungsprogramm durchführen, um technische Fehler zu korrigieren. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit, dass Ihr Pro Sie einmal auf der Runde begleitet. Er sieht Sie ja sonst nur auf der Range. Erst hier kann der Pro erkennen, wie Sie mit der erlernten Technik umgehen und wie Sie sich in Richtung Golfkurs-Management und Spielpsychologie verhalten.
Wer sich an diesen Empfehlungen orientiert, wird besser in die neue Golfsaison starten, da bin ich mir sehr sicher.
Ihr Heinz Schmidbauer